Zwei Busstunden nördlich von Costa Ricas Hauptstadt ´San José liegt bei La Virgen die Finca Corsicana, die der US-amerikanischen
Bäckerei Collin Street Bakery südlich von Dallas gehört. Auf der nach eigenen Angaben weltweit größten Bio-Ananasfarm werden auf einer Fläche von
1200 Hektar täglich rund 54.000 Ananas geerntet. Ein Großteil davon ist bio, es werden aber auch konventionell erzeugte Ananas angebaut. Mehr als die Hälfte der Früchte wird über den
Fairen Handel vermarktet. Die Finca Corsicana ist Fairtrade-zertifiziert.
Strenge Qualitätskontrolle
Doch nicht die gesamte Ernte geht
in den Export. Von den 54.000 Ananas, die täglich geerntet werden, sind rund
15.000 nur zweite Wahl, zu groß, zu klein oder mit anderen Defekten behaftet.
Diese Ananas wird auf den einheimischen Märkten verkauft, zu Saft oder
Marmelade verarbeitet. Den Ausschuss zu verringern ist ein wichtiges Ziel auf
allen Ananas-Farmen, denn die Gewinnmargen sind in vergangenen Jahren bedenklich geschrumpft. Aber die Vorgaben der Käufer sind streng. Nur perfekte
Ware geht in den Export. So will es angeblich der Konsument!
Geerntet und verpackt von der Corsicana, geliefert von Dole
Die Klassifizierung der Ware
findet in der Verpackungsanlage der Finca Corsicana statt. Hier trennt sich die
Spreu vom Weizen. Um die Ananas zu desinfizieren, wird sie in Chlorwasser gereinigt,
angeblich völlig unschädlich. Danach wird die Unterseite mit einem Luftstrahler
gesäubert, um kleine Insekten zu entfernen. Vor der Verpackung werden die entsprechenden Etiketten aufgeklebt und die Ananas in die Kartons der späteren Endabnehmer gepackt. Für den Export nach Europa oder in die USA ist der
Multi Dole Food Company, der weltgrößte Anbieter von frischem Obst,
frischem Gemüse und frischen Schnittblumen zuständig.
Arbeiter gewinnt Prozess
Obwohl der Geschäftsführer der
Corsicana sein Unternehmen im Interview in den höchsten Tönen lobte (welcher Geschäftsführer
tut das nicht), bleiben Zweifel am sozialen und ökologischen Engagement des
Unternehmens. Denn wie auch auf vielen anderen Ananasfarmen werden
Gewerkschaftsmitglieder nicht gerade zuvorkommend behandelt. In einem Fall
gewann ein Arbeiter – Mitglied einer Gewerkschaft – einen Prozess gegen die
Corsicana, weil er angeblich seinen Job ohne entsprechende Erlaubnis verlassen
hatte. Daraufhin wurde ihm gekündigt. Doch er hatte nicht gegen die
Vorschriften verstoßen und konnte dies auch nachweisen. Nach mehr als zwei Jahren
und einem Berufungsverfahren musste die Corsicana ihn nun wieder einstellen und
ihn für die verlorene Zeit während des Verfahrens entschädigen.
Bio geht anders
Auch was die Ökologie betrifft,
verkauft die Finca Corsicana den rund 20.000 Touristen, die das Unternehmen
jährlich besuchen, ein Bild, das nicht immer der Wirklichkeit entspricht. Zum
einen wird der Boden auf Bioananasplantagen mit Plastik bedeckt, als Schutz vor Erosion
und Insekten. Nach der Ernte wird das Plastik entfernt und angeblich recycelt.
Das mag durchaus stimmen, aber es bleiben Reste im Boden, da
das Plastik mit der Wurzel verwächst und schwierig zu entfernen ist. Zum anderen
war ich Zeuge wie Blutmehl, ein stickstoffreicher,
schnell wirksamer, organischer Dünger
aus Schlachtabfällen, aufgebracht wurde.
Echt lecker. Es stinkt bestialisch, wenn das Zeug versprüht wird und die
Geruchsbelästigung ist in den naheliegenden Dörfern nach Angaben der dort lebenden Arbeiter enorm. Zudem werden
Unmengen von Mücken von dem Dünger angelockt.
Viel Kritik von Gewerkschaftsmitgliedern
Alles in allem habe ich die
größte Bioananasplantage der Welt mit zwiespältigen Gefühlen verlassen. Diese
wurden nicht gerade weniger, als ich zwei Tage später Gelegenheit hatte, mich mit
Arbeitern der Corsicana zu unterhalten, die einer Gewerkschaft angehören. Ihre
Erfahrungen decken sich so gar nicht mit den Schilderungen des Geschäftsführer der Corsicana.
Die Klagen reichen von unzureichenden sanitären Anlagen auf den Feldern über zunehmende
Stundenzahl, um auf den gleichen Lohn zu kommen bis hin zur Verwendung der
Prämiengelder aus dem Fairen Handel, die den Arbeiter keinen oder nur geringen
Nutzen bringen. Und das waren nur die harmloseren Beschwerden.