Seiten

Donnerstag, 21. März 2013

Ananas aus Costa Rica – kaufen oder nicht?



Nach zahlreichen Gesprächen mit allen möglichen Akteuren der einheimischen „Ananasszene“, fällt es mir an dieser Stelle schwer, ein abschließendes Urteil zu fällen. Zu hetereogen ist das Panorama, zu unterschiedlich sind die Standpunkte. Kleinbauern, Großplantagen, ausländische Arbeiter, einheimische Arbeiter, Leiharbeiter, Gewerkschaften, der Verband der Exporteure, Vermarktungsgesellschaften, Zertifizierer und staatliche Stellen haben naturgemäß ihre Sicht der Dinge, die sich leider nur allzu selten deckt. Jeder verfolgt nun einmal zunächst seine Interessen.




Wenig Übereinstimmung


Es gibt eine Menge Ungereimtheiten: Während ein Großteil meiner Quellen davon ausgeht, dass immer weniger Costaricaner als Arbeiter auf den Ananasplantagen arbeiten und der Großteil der Arbeitskräfte inzwischen aus Nicaragua kommt, behauptet die Kammer der Ananasexporteure das genaue Gegenteil. Die Kammer behauptet ebenfalls, dass so gut wie alle Arbeiter inzwischen direkt bei den Plantagen angestellt sind und nicht über Subagenturen, die Gewerkschaften dokumentieren eine genau entgegen gesetzte Entwicklung. Auch was Arbeitsstunden, Lohn. Sozialleistungen, Behandlung von gewerkschaftlich organisierten Arbeitern innerhalb der Plantagen angeht, gibt es sehr unterschiedliche Betrachtungsweise. Und während Gewerkschaften Zertifizierungen in der jetzigen Form ablehnen, halten sie andere Sektoren der Branchen für unverzichtbar und überlebensnotwendig.

Ein Diskussionsforum, das nicht alle nutzen


Zwischen den Stühlen sitzt die „Plattform für einen nachhaltigen Ananasanbau“, ein offenes Diskussionsforum für alle Beteiligten der Ananasindustrie unter Leitung des UNDP-Programms der Vereinten Nationen. Während die Kammer der Ananasexporteure die Plattform zwar unterstützt, es sich aber verbietet, von dieser technische Empfehlungen im Rahmen eines Aktionsplans vorgesetzt zu bekommen, lehnen die Gewerkschaften die Teilnahme an der Plattform komplett ab. In einem offiziellen, mehrseitigen Schreiben begründeten die Gewerkschaften im Februar ihre Position. Direkte Gespräche mit den Gewerkschaften lehnt hingegen die Kammer der Ananasexporteure ab. Ein tiefsitzendes Misstrauen auf beiden Seiten prägt die Szenerie.

Es gibt keine Guten und Bösen




Angesichts dieser Situation darf man dennoch nicht in Schwarz-Weiß-Malerei verfallen. Weder sind nur die Gewerkschaften die alleinigen Guten, noch haben die großen Ananasplantagen den Schwarzen Peter ganz alleine für sich. Es gibt verantwortungsbewusst handelnde Großunternehmen und selbst einige der so gescholtenen großen Fruchtmultis, allen voran Dole, zeigen sich erstaunlich reformfähig und transparent. Hingegen gibt es auch unter den Kleinbauern solche, die Arbeitskräfte aus Nicaragua ausbeuten und Umweltauflagen missachten. Bio-Farmen sind nicht notwendigerweise sauberer als die Produzenten konventioneller Ananasplantagen und auch Gewerkschafter sind nicht immer nur vorrangig am Wohl der Arbeiter, sondern durchaus am eigenen Wohlergehen interessiert. 

An die eigene Nase packen


Wenn wir über Ananas reden, reicht es nicht, nur die lokalen Produktionsbedingungen zu analysieren, sondern wir müssen die gesamte Wertschöpfungskette betrachten. Wir müssen in den Spiegel schauen und uns fragen, warum wir im Supermarkt so oft auf perfekt aussehendes Obst und Gemüse anspringen und uns so leicht von Sonderangeboten verführen lassen. Die Supermärkte müssen sich fragen, was für Auswirkungen der Preiskrieg auf Produzenten und Arbeiter hat. Und die Fruchtmultis müssen schauen, dass sie ihre Nachhaltigkeitsversprechen auch einhalten.

Was kommt zuerst: die Henne oder das Ei?


Wer von uns Ananas für 0,99 Euro im Supermarkt kauft und weiß, dass die Ananas in Costa Rica im Supermarkt ebensoviel kostet, der sollte ins Grübeln kommen. Eine faire und ökologisch erzeugte Ananas ist für so wenig Geld natürlich nicht zu haben. Die muss man allerdings in deutschen Supermärkten immer noch mit der Lupe suchen. In Deutschland werden jährlich rund 100.000 Tonnen Ananas verzehrt, aber nur rund 12 Tonnen stammen aus Fairem Handel. Nur einige Biosupermärkte haben diese faire Bioananas im Sortiment. Also, was tun: Sonderangebote meiden, sich etwa mehr über Ananas informieren, im Supermarkt nach fairer Bioananas fragen und natürlich die beiden vorhergegangenen Blogbeiträge zum Thema Ananas lesen..