„All natural“ – so steht es in
einer Anzeigenbeilage. Das signalisiert, dass bei den Bekleidungsstoffen alles
natürlich sei. Doch weit gefehlt. Marc O’Polo spielt auf „Natural born Heroes“
an, Menschen, die als Helden geboren sind und ihrer Natur folgen wollen. Zwar
hat sich ein Model für Umwelt und Bildung in Afrika engagiert und lässt sich
mit Schäfchen und Kätzchen ablichten. Doch kein Wort zur ökosozialen
Verträglichkeit der Produkte. Viele Unternehmen machen dieses Jahr offensive
Werbekampagnen zur Nachhaltigkeit. H&M plakatierte das Wort ganz groß. Der
C&A-Slogan lautet: „Today’s Spirit is Sustainability“. Der
Immobiliendienstleister Berlinovo verknüpfte originell die Worte Nachlässigkeit
und Nachhaltigkeit, wobei er das „läss“ durchstrich. Discounter Aldi sagt: „Wir
übernehmen Verantwortung für eine nachhaltige Zukunft“.
Die Spreu vom Weizen
trennen
Was die Firmen tun, ist kaum
ersichtlich. Aber rasch ist erkennbar, ob ihnen das Querschnittsthema wichtig
ist. Lidl fragt: „Woran erkennt man gutes Fleisch?“, nennt aber bei den
Antworten weder das Tierwohl noch die Antibiotikafreiheit.Die
Immobiliengesellschaft Berlinovo sagt: „Unsere Property Teams führen jedes
Objekt als eigenständiges Profit-Center und sorgen so für nachhaltige Renditemaximierung.“
Da weißt man schon, woran man ist. Wohl schimmert Nachhaltigkeit durch, wenn
der Wohnungsanbieter von „fairen Mieten“ spricht. Ikea fragt: „Was wäre, wenn
nachhaltiges Leben ganz einfach ist?“ und preist seine „cleveren Elektrogeräte“
und Küchenzeilen an, mit denen sich „jede Menge Wasser und Energie sparen“
ließen. Keine Hinweise darauf, woher die Hölzern kommen, ob Farben und Lacke
umweltverträglich sind und warum die Möbel nicht ein Leben lang halten.
Immerhin wird betont, Kunststoff-Verpackungen seien garantiert frei vom
Weichmacher Bisphenol A (BPA). Damit übertrifft Ikea die EU-Gesetze außerhalb
Frankreichs. Dort der der Weichmacher verboten.
Genug Platz wäre vorhanden
Anders C&A: Die Kette hat
seit Jahren eine Bio-Baumwoll-Eigenmarke, prominent platziert in Eingangsnähe.
Unübersehbar ein guter Webauftritt mit kritischer Selbsteinschätzung und
Zielen. „40 Prozent unserer Produkte sind bereits aus Biobaumwolle.“ 2020
sollen es hundert Prozent sein. Die Berliner Fleischerei Ulrich plakatiert
neben ihrem Marktstand: „Damit garantieren wir Ihnen Sicherheit und
Nachhaltigkeit“. Was ihre namentlich genannten Zulieferer tun, erklärt eine
14-seitige Broschüre. So einfach ist das. Auf den 16 Seiten von Marc O’Polo,
dem Newsletter von Ikea oder der Webseite von Berlinova wäre dafür locker Platz
gewesen – wenn es den Unternehmen wirklich wichtig wäre.
Quelle: Handelsblatt Business Briefing, Nachhaltige
Investments, 9/2015