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Sonntag, 11. Januar 2015

Spagat zwischen Profit und Nachhaltigkeit ­– Interview mit Jerry Greenfield, Gründer der Eismarke Ben & Jerry’s




Außerirdische besetzen die Erde – mit ihrer Hilfe erlassen Sie bindende (Umwelt-)Gesetze für alle Länder. Welche wären das?
Ich würde wollen, dass alle alles teilen. Jeder Mensch ist Teil einer Gemeinschaft und ich finde, es sollte nicht immer nur um Besitz gehen.

Gibt es einen Auslöser für Ihr soziales oder grünes Engagement?
Nein. Sie wollen mehr? Na gut. Vieles bei Ben & Jerry’s kam von den Mitarbeitern. Etwa beim Kampf gegen Verschwendung. Eiscreme, die geschmolzen war, wurde einfach weggekippt. Also haben wir überlegt, wem wir damit etwas Gutes tun könnten und haben uns mit lokalen Farmern zusammengetan. Überschüssiges Eis haben wir dann an ihre Schweine verfüttert. Sie liebten alle Sorten, außer Minze.

Hatten Sie keine Angst, dass die Schweine Diabetes entwickeln würden?
Nein, die Schweine waren glücklich und gesund.

Veganer, Vegetarier, Fruktarier, Flexitarier oder Allesesser?
Allesesser, allerdings mit starker Tendenz zum Vegetarier.

Wer ist ihr Öko-Held des Jahres und warum?
Vielleicht nicht des Jahres, aber mein Held ist Amory Lovins, einer der Gründer des Rocky Mountain Institutes. Das ist eine sehr fortschrittliche Umwelt-NGO. Amory ist ein Visionär. Er spricht mit dem US-Militär darüber, wie es die Umweltbelastung, die etwa seine Kriegsschiffe verursachen, reduzieren kann. Ich glaube mittlerweile hat das Militär erkannt, dass der Klimawandel eine der größten Bedrohungen für die Sicherheit der USA ist.

Wer ist ihr Öko-Albtraum des Jahres und warum?
Mit Ben & Jerry’s sind wir seit einiger Zeit in eine Kampagne involviert, die sich für die Kennzeichnung gentechnisch veränderter Nahrungsmittel einsetzt. Wie auch immer man zu Gentechnik steht - Konsumenten haben ein Recht darauf, zu erfahren, wie ihr Essen hergestellt wurde. Doch viele Konzerne wollen genau das verhindern und geben eine Menge Geld dafür aus. Diese Leute verursachen mir schlaflose Nächte.

Ist die Green Economy eine Chance für nachhaltiges Wirtschaften oder grün maskierter Raubtierkapitalismus?
Ich glaube, in der Wirtschaft wird viel Greenwashing betrieben. Aber gerade durch meine Arbeit mit Sozialunternehmern wird mir klar, es gibt eine grüne Wirtschaft. Wichtig ist, dass auch grüne oder soziale Unternehmungen schnell genug skalieren.

Ist Ben & Jerry’s denn Teil einer grünen Wirtschaft?
Ben & Jerry’s steht am Rand der Green Economy. Das Unternehmen ist sich seiner Wirkung sehr bewusst. Im vergangenen Jahr sind wir auf Fair-Trade-Zutaten umgestiegen und verabschieden uns von gentechnisch veränderten Bestandteilen. Wir achten auf unseren Energieverbrauch. Dennoch basiert Ben & Jerry’s auf Konsum. Ich denke eine Wirtschaft, die auf Konsum und der Ausbeutung von natürlichen Ressourcen aufbaut, ist nicht nachhaltig.

Würden Sie sich als Aktivisten bezeichnen?
Vielleicht als sanften Aktivisten. Ich war auch schon einmal weniger sanft. Es gibt aber Leute, die tragen das Gefühl im Herzen, die wachen damit auf. Das bin ich nicht. Ben (gemeint ist Mitgründer Ben Cohen) ist eher so.

Was ärgert Sie?
Ich finde es frustrierend, dass sich die USA nicht stärker für die Reduktion von Kohlenstoffdioxid einsetzen.

Was macht sie glücklich?
Aufwachen und raus in diese wundervolle Welt zu gehen, macht mich jeden Tag glücklich.

Was würden Sie jungen Menschen gern mitgeben?
Wir können alle die Welt ändern und zwar auf eine Weise, die keine Bürde ist, sondern Spaß macht.
Quelle:WiWo Green