Für fast ein Drittel der Bundesbürger spielt Nachhaltigkeit
im Tourismus eine große Rolle. Am Ende verreisen aber die wenigsten tatsächlich
umwelt- und sozialverträglich – warum das so ist, weiß Astrid Koch, Co-Autorin
einer nun abgeschlossenen Projektstudie der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR).
Nachhaltiger
Tourismus. Ist das nicht eine Randerscheinung?
Koch: Ganz und gar
nicht. Das Thema ist längst in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen – auch
im Bereich des Tourismus. Für 31 Prozent der Bevölkerung ist die ökologische
Verträglichkeit von Urlaubreisen wichtig, 38 möchten sozialverträglich verreisen.
Und immerhin 28 Prozent interessieren sich sowohl für die ökologische als auch
für soziale Dimension bei der Urlaubswahl.
Woher stammen diese
Daten?
Für die Studie haben
wir rund 7500 repräsentativ ausgewählte Personen zu verschiedenen Aspekten von
Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit Urlaubsreisen befragt. Dabei stellten wir
fest, dass das Thema immer mehr an Bedeutung gewinnt – und das nicht nur im
gutverdienenden Bildungsbürgertum.
Sondern?
Das geht quer durch
alle Gesellschaftsschichten und betrifft Menschen mit Hauptschulabschluss
genauso wie solche mit Abitur oder Akademiker – auch wenn der Anteil der
Personen aus den oberen sozialen Schichten etwas höher ist. Dies spiegelt sich
auch bei der Frage des Durchschnittsnettoeinkommens wider. Das liegt in
Deutschland bei monatlich 2523 Euro. Die an Nachhaltigkeit Interessierten
verfügen mit durchschnittlich 2658 Euro über ein etwas höheres Budget.
Geld spielt also auch
eine Rolle?
Natürlich. Nur zwölf
Prozent der Befragten sind bereit, für eine nachhaltige Urlaubsreise mehr
auszugeben als für ein gleichwertiges, konventionelles Angebot. Der Preis ist
jedoch nur ein Hindernis von vielen.
Welche gibt es noch?
Ein kritischer Punkt
ist die Anreise: Ausgerechnet der Aspekt, wo die größte ökologische Belastung
entsteht. Von den befragten Personen hat nur ein Viertel angegeben, auf eine
Flugreise zugunsten umweltverträglicher Verkehrsmittel verzichten zu wollen.
Und für nur zwei Prozent ist eine Kompensation für die Klimabelastung beim Flug
ein Thema. Dabei muss man wissen, dass von Verzicht zumindest teilweise auch
derjenige spricht, für den – aus welchen Gründen auch immer – ein Flug sowieso
nicht in Frage kommt. Allerdings stimmt es auch nicht, dass nachhaltigkeitsinteressierte
Reisende überwiegend mit der Bahn ins Binnenland zu einem Naturerlebnisurlaub
fahren. Vielmehr haben sie einen Reisewunsch, beispielsweise Mallorca – und
suchen dann dort ein möglichst nachhaltiges Angebot.
Wie groß ist nun der
Anteil derer, die tatsächlich nachhaltig verreisen?
Da klafft eine große
Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Lediglich für zwei Prozent der
Teilnehmer an unserer Befragung war Nachhaltigkeit tatsächlich das
entscheidende Kriterium bei der Wahl ihrer letzten Urlaubsreise. Bei weiteren
elf Prozent hat sie neben anderen Dingen eine Rolle gespielt – und für noch
einmal zwei Prozent gab sie den Ausschlag zwischen zwei gleichwertigen
Angeboten.
Mangelt es an
nachhaltigen Reiseangeboten?
Nein, das glaub ich
nicht. Die Veranstalter tun schon eine Menge, auch wenn natürlich nach oben
immer noch Luft ist.
Woran liegt es dann?
Neben Preis und
Anreise sind fehlende Informationen ein wichtiger Punkt. Immerhin haben 23
Prozent der Befragten angegeben, dass sie eine nachhaltige Reise buchen
wollten, den Aufwand zum Finden solcher Angebote jedoch als zu groß beurteilten
– oder Informationen vermissten, um die Nachhaltigkeit der Angebote beurteilen
zu können. 43 Prozent wünschen sich darüber hinaus klare Gütesiegel. Die
Stellschraube ist ganz sicher die Frage der Information. Hier können sich
Veranstalter aber auch Reisebüros positiv hervorheben, in dem sie nachhaltige
Angebote prominent bewerben.
Quelle: Travel Tribune, FUR