Schätzungsweise 200.000 indische Kleinbauern,
die meisten von ihnen Baumwollbauern, haben in den letzten zehn Jahren Selbstmord
begangen. Die Baumwollbauern im sogenannten Selbstmordgürtel Indiens müssen jährlich
teures, genverändertes Saatgut kaufen, viele verschulden sich massiv. Die
Erträge sind aber nicht so hoch wie die der subventionierten Agro-Industrie in
den USA und Europa. Die Weltmarktpreise reichen nicht zum Leben und zum
Schuldenabbau schon gar nicht. Eine Experten-Untersuchung für das Oberste
Indische Gericht kommt zu dem Schluss, dass die Industrie stark von transgener
Agrotechnik profitiert habe, bei der überwiegenden Mehrheit der Bauern aber
kein positiver Effekt angekommen sei.
Saatgut teuer – Erträge niedrig
Auch Gajanand Gattawar, Ehemann
von Sasi Kala, sah keinen anderen Ausweg mehr als sich umzubringen. Aufgehängt
an einem Baum. Gleich außerhalb von Vanjari, einem kleinen Dorf in
Zentralindien. In einem Wäldchen. „Die Bauern wissen keinen Ausweg mehr. Der Baumwoll-Anbau
ist unproduktiv, Saatgut und die Düngemittel sind zu teuer. Der Ertrag zu niedrig.
Sie verdienen nichts mehr,“ sagt Anil Prasad. Der TV-Journalist arbeitet an
einer Dokumentation für das indische Fernsehen. Über Selbstmorde von Bauern.
Auch den Freitod von Sasi Kala`s Mann hat er dokumentiert. Selbstmord wegen
Überschuldung.
Chancenlose Kleinbauern
Die Baumwoll-Bauern von Vanjari sind
die Verlierer der vernetzten Weltwirtschaft. Die Selbstmorde: drastisches
Ergebnis der ungerechten Chancenverteilung im weltweiten Warenverkehr. Mit
Handarbeit und Holzpflügen gegen Riesen-Traktoren und künstliche Bewässerung.
Gegen staatliche Agrarsubventionen wie in Europa oder in den USA und niedrigen
Weltmarktpreisen. Es gibt keine natürliche Baumwolle mehr in Vanjari. Nur noch
gentechnisch veränderte – genannt BT Cotton. Jedes Jahr müssen die Bauern das
teure Saatgut kaufen. Und dazu noch teure Düngemittel und Pestizide.
„Früher haben wir natürliche Baumwolle angebaut“, sagt der Baumwollbauer Raju
Ganpat Rao. „Wir haben Profit gemacht. Durch Einführung des Gen-Produkts BT
Cotton sind die Anbaukosten explodiert. Nicht aber die Erträge. Das setzt uns
unter enormen Druck.“
Gen-Baumwolle treibt die Menschen in den Tod
Der Aktivist und Anwalt Kishor
Tiwari ist der einzige in der Region, der sich um das Schicksal der
geschundenen Bauern kümmert. Die Bauern sind gezwungen, teure gen-manipulierte
Baumwolle anzubauen. Es gibt keine Alternative. Die indische Regierung will es
so,“ sagt er. Sie kassiere Geld dafür. Von den multinationalen Konzernen. „Die
Situation ist miserabel. Es gibt keine Hilfe von der Regierung. Sie tut nichts.
Mehr und mehr Bauern werden so in den Selbstmord getrieben.“ Sein Büro führt
Statistik. Ein Mitarbeiter zeigt Bücher. Drei Stück. Vollgeschrieben mit Namen.
Alles Bauern. Alles Selbstmordopfer. „Gen-Baumwolle bringt nichts als Schulden,
treibt die Menschen in den Tod. Wenn der Ernährer einer Familie sich das Leben
nimmt, beendet er auch das Leben und die Zukunft seiner Familie. Das ist die
Tragödie.“
Trostlose Zukunft für die Witwe
Sasi Kala erlebt das gerade. Sie
ist eine von tausenden Witwen. Die Baumwoll-Bauern sind Sklaven im eigenen
Land. So Kishor Tiwari. Sie arbeiteten rund um die Uhr. Doch den Profit hätten
multinationaler Konzerne. Dazu neofeudale Strukturen - Hand in Hand mit
politischer Macht und Korruption. Ein Leben ohne Ausweg. Ohne Hoffnung.
Besonders auch für Sasi Kala. Einen Riesen-Schuldenberg hat ihr Mann
hinterlassen. Keine Chance auf Rückzahlung. Doch viel schlimmer noch: Wie soll
sie überhaupt überleben? Wie soll sie sich und ihre Kinder ernähren? Sie
weiß es nicht.
Mit Hilfe des Weltspiegels und der Andheri-Hilfe kann man
die Witwe Sasi Kala unterstützen. Hier geht es zur Spendenaktion:
Hier geht es zum Bericht des Weltspiegels (6 Min.):