Zum Valentinstag geht es bei
vielen Menschen nur um ein Thema: Blumen, Blumen, Blumen. Viele von Ihnen stammen
aus Fairem Handel. Der Markt explodiert geradezu. So wurden im vergangenen Jahr
nach Angaben von Fairtrade Deutschland 260 Millionen faire Rosen verkauft – die Wachstumsrate lag bei über 200
Prozent. Jede fünfte Rose, die in deutschen Supermärkten verkauft wird, trägt mittlerweile
das Fairtrade Logo. Auf den ersten Blick betrachtet also eine große
Erfolgsgeschichte. Schaut man genauer hin, bekommt die heile Fairtrade-Welt allerdings
einige Risse.
Auch bei Faitrade ist Chemie im
Einsatz
Die ZDF-Dokumentation „Grüne
Rosen“ vom 10.2.13 (Planet-e) geht auf die Problematik von Pestiziden auf Fairtrade-Rosen
ein. Denn obwohl auf Fairtrade-Plantagen deutlich weniger Chemikalien
eingesetzt werden, als auf vergleichbaren konventionellen Plantagen, konnte
Ökotest in Fairtrade-Rosen aus Kenia verbotene Pestizide nachweisen. Ein
ehemaliger kenianischer Blumenarbeiter berichtet in „Grüne Rosen“, dass auf
einigen Plantagen Spritzmittel eingesetzt würden, die nicht erlaubt seien. Sie würden
nicht im vorgeschriebenen Giftraum aufbewahrt und somit bei Kontrollen nicht
entdeckt.
Verbotenes Umetikettieren
Ein weiterer Vorwurf der ZDF-Dokumentation ist
Etikettenschwindel. Auf den Fairtrade-Plantagen Kenias erhält jede Rose ein
Etikett mit dem Fairtrade-Siegel. Leider bekommen oftmals auch nicht fair
produzierte Rosen, die von nicht-zertifizierten Nachbarfarmen aufgekauft
werden, ein solches Etikett. Das Umetikettieren ist laut des im Filmbericht
interviewten Blumenarbeiters Peter Otieno gängige Praxis, vor allem in Zeiten
hohen Bedarfs, wie etwa Valentins- oder Muttertag. Auch dieser Schwindel ist
bei Kontrollen nicht ohne Weiteres zu entdecken.
TransFair protestiert
Vorwürfe dieser Art lässt
Fairtrade Deutschland nicht gerne auf sich sitzen. In einer offiziellen
Stellungnahme heißt es unter anderem: „TransFair hat sofort nach der
Kenntnisnahme von diesem Vorwurf unangekündigte Kontrollen veranlasst. Die
Überprüfungen am 21.1.2013 haben ergeben, dass geringfügige Fehler bei
beigepacktem Schnittgrün nicht aber bei Blumen vorlagen, die sich allerdings
unterhalb einer Fehlerquote von 1% bewegen. Die
entsprechenden Farmen wurden zunächst umgehend suspendiert. Nach internen
Trainingsmaßnahmen wurde die Suspendierung inzwischen aber
wieder aufgehoben.
Brauchen wir jederzeit frische Rosen aus fernen Ländern?
Ganz ausgeblendet bleibt – sowohl
in der ZDF-Dokumentation als auch in der Stellungnahme von Fairtrade
Deutschland – die Frage nach der Sinnhaftigkeit von Exportrosen. Mit einem
gigantischen Aufwand an Wasser, Pestiziden und Logistik werden Blumen in Kenia,
Tansania oder Kolumbien produziert und mehrere Tausend Kilometer nach
Deutschland geflogen, damit die Verbraucher jederzeit frische Rosen zur
Verfügung haben – ein Luxusgut, von dem nur wenige Menschen profitieren, dessen
Nachteile aber viele Menschen bezahlen müssen. Da nutzt es auch nur bedingt,
wenn die Rosen über das Fairtrade-Siegel verfügen. Der Fehler liegt im System.
Den Bedürfnissen des reichen Teils der Menscheit werden einmal mehr Prioritäten
gegenüber ärmerer Bevölkerungsschichten der Erzeugerländer eingeräumt. Die kenianischen
Massai, deren Viehherden aufgrund der Blumenplantagen kaum noch Zugang zu
Trinkwasser haben, drücken es in dem ZDF-Film wie folgt aus: „Rosen kann man
nicht essen!“
Den ZDF-Bericht kann man sich hier anschauen:
Hier die ausführliche Stellungnahme von TransFair (Fairtrade Deutschland):
Fotos: Fairtrade Deutschland, ZDF, Max Havelaar CH