Wie gestaltet man die komplexe Textilkette fairer? Seit der Einführung
von fair gehandelter Baumwolle 2005 beschäftigt sich Fairtrade mit der Frage,
wie man den Fairtrade-Ansatz auf die gesamte Wertschöpfungskette von Textilien
ausweiten kann, damit auch beispielsweise Näherinnen vom Fairen Handel
profitieren können. Auf verschiedene Pilotprojekte mit Textilherstellern in
Indien und Südafrika folgte im vergangenen Jahr der offizielle Startschuss für
die Entwicklung eines Fairtrade-Textilstandards, der die gesamte Lieferkette
abdeckt. Jetzt geht der Entwurf in die öffentliche Konsultation.
Zivilgesellschaftliche Organisationen, Hersteller, Händler und Experten sind
aufgerufen, zu kommentieren und einen Beitrag zur weiteren Entwicklung zu
leisten.
Engmaschige Produktionskette
Ende April jährt
sich der Einsturz von Rana Plaza zum zweiten Mal und die Situation vor Ort hat
sich nicht substanziell verbessert. Die Textilproduktionskette ist sehr
komplex. Denn ein fertiges Kleidungsstück ist die Summe vieler einzelner
Schritte. Schritte, die es auch in einem Textilstandard zu berücksichtigen
gilt: Spinnen, Weben oder Stricken, Färben und Konfektionieren. Mit der
Expertise aus über 20 Jahren Erfahrung im Einsatz für die Rechte und
Arbeitsbedingungen von Kleinbauern und lohnabhängig Beschäftigten nimmt
sich Fairtrade dieser Herausforderung an. Die Basis bilden die Kriterien des
Standards für Lohnabhängig Beschäftigte (Hired Labour Standard). Ziel ist es,
die Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten entlang der textilen Lieferkette
zu verbessern. Zu den Inhalten gehören beispielsweise Gewerkschafts- und
Versammlungsfreiheit, Kriterien zu Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit und
Umweltrichtlinien. Für die Kontrolle ist die Zertifizierungsorganisation
Flocert zuständig. Der Fairtrade-Ansatz geht über Zertifizierung und Kontrollen
hinaus und bietet in den Produktionsländern Unterstützung und Beratung bei der
Umsetzung des Standards an.
Vom Mindestlohn zum existenzsichernden
Lohn
Nicht weniger
herausfordernd ist das Thema Löhne: Bislang gelten für Fairtrade-zertifizierte
Organisationen landes- oder branchenübliche Mindestlöhne. Oft liegen diese aber
unter einem existenzsichernden Niveau. Als erste Zertifizierungsorganisation
strebt Fairtrade die Zahlung existenzsichernder Löhne an. Auch im Textilstandard
soll dieses Ziel schrittweise erreicht werden. Der Entwurf wurde mit
verschiedensten Anspruchsgruppen entwickelt und diskutiert und vor Ort in den
Produktionsländern auf seine Umsetzbarkeit getestet. Ab dem 9. März steht die
aktuelle Version des Textilstandards zur öffentlichen Konsultation zur
Verfügung. Welche weiteren Aspekte müssen Beachtung finden? Wo sollte
nachjustiert werden? In dem Multi-Stakeholder Ansatz sind Experten, Hersteller,
Händler und Zivilgesellschaft aufgerufen, sich aktiv an der Entwicklung zu
beteiligen. Alle Anmerkungen werden gesammelt und in den weiteren Prozess
einbezogen.
Quelle: Fairtrade Deutschland