Die Innovation, die Intel-Chef Brian Krzanich auf der
kürzlich zu Ende gegangenen Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas
präsentierte, sorgte für deutlich mehr Aufsehen als die Vorstellung neuer
Hightech-Produkte. Krzanich erklärte, dass alle von Intel produzierten Computerprozessoren
künftig “konfliktfrei” seien. Damit verspricht der Chef des weltweit größten
Chip-Herstellers, dass keine der
verwendeten Materialien unter menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut werden. Das
ist nicht leicht, kommen doch viele der zur Herstellung von Chips benötigten
Materialien wie Zinn, Wolfram, Gold oder auch Tantal aus Krisenregionen wie dem
Kongo. Wie Schattenarmeen und Milizen mit diesen Materialien ihre grausamen
Kriege finanzieren, hat schon vor Jahren die britische NGO Global Witness ausführlich
dokumentiert.
Eigene Lieferkette genau untersucht
Mithilfe einer umfangreichen Untersuchung und der
Prüfung von unabhängigen Experten will Intel ab sofort sicherstellen, dass die
Stoffe aus Minen kommen, in denen keine Menschenrechtsverletzungen stattfinden.
Aber solch eine Prüfung ist nicht einfach, hat sich Intel bisher doch vor allem
auf Großlieferanten für den Bezug der nötigen Bauteile verlassen. Auch wenn
diese Großlieferanten in ihrem Betrieb für ethisch einwandfreie Bedingungen
bürgen können: Bisher blieb oft unklar wie es bei den Unternehmen aussieht, von
denen sie ihre Komponenten beziehen und woher diese Unternehmen wiederum die
Rohstoffe erhalten, mit denen sie arbeiten. Jetzt hat Intel nach eigenen
Angaben seine gesamte Lieferkette genau unter die Lupe genommen, die Metalle
bis hin zum Abbauprozess verfolgt und die Herstellungsbedingungen überprüft.
Dass Krzanich lange für die Lieferkettenorganisation in seinem Unternehmen
verantwortlich war, ist mehr als eine Randnotiz: So weiß der Intel-CEO genau,
worauf er sich bei der Überprüfung seiner Zulieferer einließ.
90 Prozent der Produkte aus fairen Materialien
Aber wäre es nicht leichter
gewesen, gänzlich auf Stoffe zu verzichten, die aus möglichen Krisenregionen
stammen und stattdessen die Materialien aus unbedenklichen Gegenden zu
beziehen? Nein,
glaubt Krzanich. Denn das würde die betroffenen und ohnehin angeschlagenen
Regionen nur noch weiter wirtschaftlich schwächen. Stattdessen könne Intel, als
einer der Hauptabnehmer für seltene Metalle wie Tantal, ein Zeichen in den
Krisenregionen setzen und zeigen, dass ein Abbau auch unter menschenwürdigen
Bedingungen möglich sei, sagt Krzanich. Würden Lieferanten sich weigern, eine
dementsprechende Prüfung zu durchlaufen, würde ihr Vertrag gekündigt. Bisher
hat Intel nach eigenen Angaben schon mehr als 60 Metalllieferanten, meist
Schmelzhütten, in denen das Metall in seine benötigte Form gebracht wird, in
mehr als 20 Ländern besucht. Das ehrgeizige Ziel beim Chiphersteller für die
Zukunft lautet, dass noch innerhalb dieses Jahrzehnts mindestens 90 Prozent der
Rohstoffe für die Produkte konfliktfrei seien sollen. Für die restlichen zehn
Prozent werde an alternativen Materialien gearbeitet. Am Endkundenpreis für
Intelprodukte soll sich aufgrund der aufwendigen Kontroll- und
Zertifizierungsprozesse nichts ändern, versichert das Unternehmen.
Von Blutdiamanten zu seltenen Metallen
In den USA und Europa wird
schon länger über Konfliktrohstoffe und mögliche Lösungen diskutiert. Während es
in den 90er Jahren dabei hauptsächlich um sogenannte Blutdiamanten aus Staaten
wie Sierra Leone oder Angola ging, diskutieren Experten und NGOs heute
zunehmend über seltene Metalle, die vor allem in der Elektronikindustrie eine
Rolle spielen. Gegenmaßnahmen, um die Ausbeutung von Menschen beim Abbau dieser
Stoffe einzudämmen, gibt es viele. Zum einen wollen Unternehmen mit eigenen
Kontrollen und Zertifizierungen ihre Produkte konfliktfrei herstellen. So
bietet auch das niederländische Unternehmen Fairphone (s. Blogbeitrag Juni) ein
Handy an, das in Teilen frei von Konfliktrohstoffen ist.
Definition „Konfliktrohstoff”, Bonn International Center for Conversion (BICC):
“Konfliktressourcen
sind natürliche Ressourcen, deren systematische Ausbeutung und Handel im
Kontext eines Konfliktes zu schwersten Menschenrechtsverletzungen, Verletzungen
des humanitären Völkerrechts oder Verwirklichung völkerstrafrechtlicher
Tatbestände führen kann.”