Das Nervengift, das in vielen Teilen der Welt, einschließlich der EU, verboten
ist, gelangt dennoch zu uns – über außereuropäische Zuchtlachse. Diese kommen
vorwiegend aus Norwegen und werden zunehmend mit Pflanzenfutter aus Lateinamerika
hochgepäppelt, das wiederum Endosulfan enthalten darf. Den Grenzwert für die
hochtoxische Substanz hat die EU-Kommission nun um das Zehnfache hochgesetzt,
von 0,005 Milligramm pro Kilogramm auf 0,05 Milligramm. Experten warnen vor dem Verzehr von Lachs aus
Aquakultur.
Hochtoxisches Nervengift
Mit Endosulfan ist nicht zu spaßen. Das Insektizid war bereits im Juni 1969
für ein großes Fischsterben im Rhein verantwortlich. Schlagzeilen machte der
Giftstoff, der 2011 auf die Liste der „Stockholmer Konvention“ über langlebige
organische Schadstoffe aufgenommen wurde, auch in Brasilien, wo Biosoja mit
Soja benachbarter Bauern, die Endosulfan verwenden, kontaminiert wurde und so
die Existenz der Biobauern aufs Spiel setzte (s. hierzu das Kapitel „Soja“ in „Fair
einkaufen-aber wie?“). Wikipedia schreibt: „Endosulfan ist eines der giftigsten
Pestizide, die heute noch auf dem Markt sind. Es ist eine östrogen wirkende
Verbindung, welche dadurch die Fortpflanzungsfähigkeit beeinflusst und
Entwicklungsstörungen bei Föten von Tieren und Menschen verursachen kann. Ein
Krebsrisiko wird diskutiert“.
Risiken verharmlost
Die Lobbyarbeit der norwegischen Aquakulturbranche scheint sich
auszuzahlen. Den möglichen Gesundheitsschäden stehen handfeste Wirtschaftsinteressen
gegenüber: „Die Grenzwerte für den Gehalt von Endosulfan im Futter für den
Lachs sind von großer ökonomischer Bedeutung für die Fischzuchtbranche“, sagt
etwa die norwegische Lebensmittelbehörde „Mattilsynet“ in einem Artikel der taz.
Sie ist ebenso wenig besorgt wegen des stark angehobenen Endosulfan-Grenzwertes
wie die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA oder das norwegische
Ernährungsinstitut Nifes. Der gemeinsame Tenor: Zuchtlachsverzehr
im normalen Rahmen trägt nur unbedeutend zur „akzeptablen Tagesdosis“ (ADI)
dieses Pestizids bei, laut WHO und FAO 0,006 Milligramm pro Kilo
Körpergewicht. Anders sehen dies Biologen wie Jérôme Ruzzin von der Universität
Bergen. Er sagt, dass das Niveau von Umweltgiften
im Zuchtlachs im Verhältnis zu anderen Lebensmitteln so hoch sei, dass
gehandelt werden müsse. Eine besondere Gefahr sieht er für Schwangere und
Kinder.
Ein Eigentor der Zuchtlachs-Branche
Die Verfechter von vegetarischer Fischnahrung argumentieren, dass
es nachhaltiger sei, Zuchtfische mit
Pflanzenrohstoffen zu mästen, als das Füttern mit Wildfischen. Diese Praxis
dezimiere nämlich die Bestände der Meere, statt für eine Entlastung zu sorgen.
Die Aquakultur-Branche benötigt für ein Kilogramm produzierten Lachs ein
Vielfaches an Futter. Übersetzt heißt dies: Es ist schlichtweg billiger, mit
kontaminierten Pflanzenfutter ernährten Lachs zu produzieren, als mit
Wildfisch. Doch weder die eine, noch die andere Methode können als nachhaltig oder
biologisch sinnvoll betrachtet werden. Interessant zu wissen ist in diesem
Zusammenhang sicherlich auch die Tatsache, dass der hohe Gehalt der gesunden Omega-3-Fettsäuren
– ein gerne angeführtes Argument der norwegischen Aquakulturbranche für den
Verzehr von Lachs aus Aquakultur – sinkt, je mehr vegetarisches Futter an die
Lachse verfüttert wird. Dieses Eigentor der Branche kommentiert der Osloer
Herzforscher Harald Arnesen in der taz mit den Worten: „Der Zuchtlachs enthält nur
noch halb so viel dieser Fettsäuren wie vor zehn Jahren und wird „zum
schwimmenden Gemüse“.
Was man tun kann: Definitiv weniger oder gar keinen Zuchtlachs aus Norwegen mehr essen (am Besten auch nicht aus anderen Ländern). Wer nicht ganz auf Lachs verzichten möchte, sollte auf den deutlich teureren Wildlachs zurückgreifen. Empfehlenswert ist das Ausweichen auf Fischsorten, die in ihren Beständen nicht gefährdet sind. Welche dies sind, sagen WWF und GREENPEACE in ihren Fischführern.