Die „Discounter“ sind mal wieder
im Blickpunkt. Diesmal weniger wegen Bespitzelungsaffären (aktuell: Penny) oder
Arbeitsbedingungen in Deutschland. In der neuen Studie „Im Visier: Discounter“ der
„Clean Clothes Campaign (CCC, auf deutsch: „Kampagne für saubere Kleidung“) geht
es vielmehr um die Arbeitsbedingungen bei Zulieferern von Aldi, Lidl und KiK in
Bangladesch.
Viel Protest, träge Reaktionen
Trotz des unermüdlichen
Engagements der CCC für bessere Arbeitsbedingungen in den Produzentenländern,
hat sich besonders bei den Discountern recht wenig getan. Immerhin kommt es
seit 2008 mit Lidl zu jährlichen Gesprächen, Kontakt besteht auch zu KiK. Aldi
hingegen drohte der Christlichen Initiative Romero, einer Trägerorganisation
der Kampagne für saubere Kleidung, mit Klage statt Dialog. Erst unter dem Druck
der Öffentlichkeit haben die Discounter einige zarte Maßnahmen ergriffen:
Aus dem Editorial der Studie „Im Visier: Discounter“
… Lidl lässt seit 2008 in Bangladesch und China Trainings für
Produzenten über Sozialstandards durchführen. Mehr als 150 Produzenten, die
meisten in China, wurden seither fortgebildet. KiK legte im November 2011 erstmalig
einen Nachhaltigkeitsbericht über das Jahr 2010 vor, ein erster wichtiger
Schritt hin zu mehr Transparenz. Der
Textildiscounter führte zudem auch Schulungen mit ProduzentInnen durch. Aldi
allerdings scheint keinerlei Qualifizierungsmaßnahmen durchzuführen und hüllt
sich in Schweigen gegenüber der CCC. Die einzige Maßnahme, die Aldi bisher
ergriff, war der Beitritt zum Unternehmensverband Business Social Compliance
Initiative (kurz: BSCI), der die Einhaltung von grundlegenden Sozialstandards
bei seinen Zulieferern anstrebt. Auch Lidl ist der BSCI beigetreten. Doch die
Mitgliedschaft in der BSCI dient den Unternehmen vornehmlich dazu, sich ein
„Sozialmäntelchen“ umzuhängen. …
Umfangreiche Untersuchung
In der Recherche, die Ende 2011
in Zulieferbetrieben von Aldi, Lidl und KiK durchgeführt wurde, hat man die
Frage untersucht, was sich für die betroffenen NäherInnen in den letzten fünf
Jahren verändert hat. Dazu befragte das Forscherteam insgesamt 162 ArbeiterInnen
aus 10 Bekleidungsfabriken. Das Ergebnis ist wenig erfreulich, denn die
Arbeitsbedingungen der NäherInnen haben sich kaum verbessert. Ihnen werden weiterhin elementare
Rechte vorenthalten. Im Editorial der Studie heiß es hierzu:
… Die NäherInnen arbeiten immer noch ohne schriftliche Arbeitsverträge für
Löhne, die bei Weitem nicht für ein Leben in Würde reichen. Überstunden werden
gar nicht oder nicht korrekt bezahlt. Das Recht, sich zu organisieren, wird den
ArbeiterInnen auch weiterhin verwehrt. Frauen werden immer noch diskriminiert,
von den VorarbeiterInnen schlecht behandelt und sind sexuellen Übergriffen meist
schutzlos ausgeliefert. Die freiwilligen Selbstverpflichtungen der Unternehmen
bezüglich Sozialstandards und Arbeitsrechten haben bisher zu keinen
grundlegenden Verbesserungen der Arbeitsbedingungen geführt, wie die erschütternden
Ergebnisse der vorliegenden Studie aus Bangladesch deutlich zeigen. …
Und als wäre dies alles noch nicht genug, kamen vergangene Woche beim Einsturz eines Hochhauses in Bangladesch mehrere Hundert Menschen ums Leben (es werden weiterhin Hunderte Menschen vermisst), viele von ihnen ArbeiterInnen von Textilfabriken. Obwohl das Gebäude am Vortag des Einsturz Risse zeigte und die Polizei daraufhin den Zutritt zum Gebäude verwehrt hatte, wurden die ArbeiterInnen von ihren, inzwischen verhafteten Chefs, dort zum Arbeiten gezwungen. Wieviele unschuldige Menschen müssen noch sterben, bevor Unternehmen und Politik sich auf verbindliche Arbeits- und Sicherheitsstandards einigen, die nicht auf Selbstverpflichtungen basieren und die regelmäßig kontrolliert werden?
Die Studie kann man hier downloaden: http://www.sauberekleidung.de/images/05_pdf/2012/2012-02-28_studie_im-visier_discounter.pdf