Montag, 21. Januar 2019

Kaffeekrise: Kleinproduzenten kämpfen ums Überleben


Neue Studie zur Nachhaltigkeit im Kaffeesektor zeigt große Ungleichgewichte auf

Weltweit werden mehr als zwei Milliarden Tassen Kaffee täglich getrunken, was einem Umsatz von rund 200 Milliarden Dollar pro Jahr entspricht. Der größte Anteil des Kaffeekonsums entfällt auf Europa, die Vereinigten Staaten und Brasilien und zunehmend auch auf Asien. „Von diesem lukrativen Markt profitieren jedoch hauptsächlich die großen Röster und Kaffeehändler. Die Kaffeebäuerinnen und -bauern müssen sich nicht selten mit Einkommen unter dem Produktionsniveau begnügen", konstatiert Andrea Fütterer, Vorsitzende des Forum Fairer Handel und Leiterin der Grundsatzabteilung der GEPA – The Fair Trade Company. Die Staatshaushalte der Erzeugerländer werden zusätzlich mit den gesellschaftlichen und ökologischen Folgekosten des Kaffeeanbaus belastet. Dazu zählen beispielsweise Kosten für die Behandlung von Erkrankungen durch den Einsatz von Pestiziden oder Wasserverschmutzung durch Düngemittel.

Kaffeemarkt in der Schieflage

Die Zahlen für den deutschen Markt verdeutlichen die Schieflage aus Sicht der Produzenten: Inflationsbereinigt sind die Einnahmen in den Produktionsländern zwischen 1994 und 2017 um rund zehn Prozent gesunken. Dagegen ist die Wertschöpfung bei Röstern und Händlern in Deutschland im gleichen Zeitraum um 215 Prozent, von 2,28 Milliarden Euro auf 4,9 Milliarden Euro pro Jahr gestiegen. „Wenn wir auch zukünftig täglich Kaffee genießen möchten, müssen die Bedingungen für die Kaffeebäuerinnen und -bauern dringend verbessert werden", mahnt Dieter Overath, Geschäftsführender Vorstandsvorsitzender bei TransFair, auch mit Blick auf die negativen Auswirkungen des Klimawandels auf den Kaffeeanbau. „Diese Studie verheißt dem konventionellen Kaffeesektor schwere Zeiten, wenn nicht in die Nachhaltigkeit des Anbaus investiert wird", ermahnt Overath die großen Player auf dem Kaffeemarkt. Schon heute sind Kaffeebäuerinnen und –bauern beispielsweise von Mangelernährung betroffen. Auch Migration und Drogenhandel sind Folgen von sinkenden Einkommen. Zugleich führen die Ausweitung und Modernisierung des Kaffeeanbaus zur Entwaldung und einer Ausweitung der Nutzung von chemischen Düngemitteln. All jene Entwicklungen werden durch den fortschreitenden Klimawandel weiter potenziert.

Der Faire Handel verbessert die Lebensbedingungen der Kaffeeproduzenten

Die Fallbeispiele zum Kaffeeanbau in Kolumbien, Peru und Äthiopien zeigen, dass der Faire Handel die Lebensbedingungen der Produzenten verbessert, indem er die Organisationsfähigkeit der Bäuerinnen und Bauern stärkt, die Preisschwankungen am Weltmarkt durch den Mindestpreis abfedert und die Kooperativen zusätzlich von Prämien für Fairen Handel und ökologischen Anbau profitieren. Insbesondere die Kombination aus biologischem Anbau und Fairem Handel wird als besonders wirksam hervorgehoben. In Deutschland sind bereits 78 Prozent des fair gehandelten Kaffees in Deutschland auch bio-zertifiziert.Der Marktanteil fair gehandelten Kaffees wächst in Deutschland stetig, liegt jedoch noch immer nur bei 4,8 Prozent. Diese Zahl verdeutlicht, dass der Faire Handel die Ungerechtigkeit des Kaffeemarktes auch perspektivisch nicht alleine beheben kann. Die gegenwärtige Machtverteilung entlang der konventionellen Lieferkette begünstigt die ungleiche Wertschöpfung massiv. „Deswegen setzen wir uns in Deutschland für die Abschaffung der Kaffeesteuer für fair gehandelten Kaffee ein", erklärt Dieter Overath mit Blick auf die Bundesregierung. Doch damit möglichst viele Kaffeebäuerinnen und -bauern bessere Bedingungen erhalten, braucht es zudem übergreifende gesetzliche Regelungen. „Aus diesem Grund plädieren wir für eine gesetzliche unternehmerische Sorgfaltspflicht entlang der Lieferketten. Die Unternehmen müssen dafür Verantwortung übernehmen, dass ihre Produkte unter menschenwürdigen Bedingungen hergestellt werden", erklärt Andrea Fütterer. Darüber hinaus ist es im Fairen Handel ein Anliegen, die Wertschöpfung vor Ort noch einmal besonders zu erhöhen. Teils schon seit Jahren gibt es Kaffees, die in den Herkunftsländern weiterverarbeitet werden – zum Beispiel dort geröstet und verpackt oder als Instantkaffee produziert werden.
Quelle: Forum Fairer Handel 


 

Freitag, 11. Januar 2019

70 Jahre Menschenrechte – ein Grund zu feiern?


Vor siebzig Jahren stimmte die UN-Generalversammlung mit 48 Ja-Stimmen für die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Ein epochaler Schritt in Richtung „bessere Welt“. Inzwischen rücken vor allem Unternehmen immer stärker in den Fokus der Verantwortung, denn der Schutz der Menschenrechte hängt mittlerweile wesentlich vom Handeln multinationaler Unternehmen ab. Gleichzeitig fehlen rechtliche Sanktionen für Firmen, die Menschenrechtsverletzungen entlang ihrer Lieferkette zulassen. Ein Großteil der Firmen lebt vom Handel mit Waren des globalen Südens oder hat die Produktion an kostengünstige Standorte im Ausland verlagert. Dabei schenken viele Unternehmen menschenrechtlichen Risiken entlang der Wertschöpfungskette zu wenig Aufmerksamkeit. Genau dort setzt Fairtrade an. Innerhalb der breiten Debatte um Menschenrechte hat die Frage von Menschenrechten in landwirtschaftlichen Lieferketten und in der Textilindustrie für Fairtrade Priorität. Es geht dabei um die weltweite Ausweitung der Vorschriften zu verantwortlichem Lieferketten-Management – vom Ursprung der Rohstoffe bis zum Inverkehrbringer des Endprodukts. Landwirtschaftliche Lieferketten sind gegenüber Industrieprodukten zwar vergleichsweise einfach organisiert, da sie nur aus einer oder wenigen Komponenten bestehen (z.B. bei Bananen, Kaffee, Rosen oder auch Schokolade). Dennoch treten auch hier oft Menschenrechtsverletzungen auf.

Verbindliche Spielregeln für Menschenrechte

Zwar kann Fairtrade als ein wichtiger Baustein für die Einhaltung von Menschenrechten im Ursprung und zum Teil auch entlang der Lieferkette der zertifizierten Produkte und Rohstoffe dienen, allerdings kann Fairtrade nicht alle menschenrechtlichen Fragen in globalen Lieferketten im Alleingang lösen. Dazu zählt insbesondere die Frage der existenzsichernden Löhne, etwa auf Plantagen oder in Textilfabriken; beziehungsweise die Frage existenzsichernder Einkommen für kleinbäuerliche Produzenten. Hieran arbeiten Fairtrade und andere Fairhandels-Akteure durch Mitgliedschaft und Mitarbeit in zahlreichen Sektorinitiativen und Bündnissen (wie beispielsweise dem Bündnis für nachhaltige Textilien in Deutschland oder der ISEAL Global Living Wage Coalition). Fairtrade hat darüber hinaus konkrete Strategien für Fortschritte in Richtung existenzsichernder Löhne und Einkommen erarbeitet. Fairtrade kann nicht alle menschenrechtlichen Fragen in globalen Lieferketten im Alleingang lösen, kann jedoch als ein wichtiger Baustein für die Einhaltung von Menschenrechten im Ursprung und zum Teil auch entlang der Lieferkette der zertifizierten Produkte und Rohstoffe dienen.

Kleinbauern per Gesetz schützen!

Weil Fairness klare Spielregeln braucht, muss die Politik aktiv werden und verbindliche Gesetze für Handel sowie Menschenrechte schaffen. Um gerade Kleinbauern auch per Gesetz besser zu schützen, hatten die Vereinten Nationen erst im November dieses Jahres eine Erklärung zur Stärkung der Bauernrechte im Menschenrechtsrat mit großer Mehrheit verabschiedet. Trotz der Aufforderung von TransFair und vielen weiteren NGOs für die Erklärung zu stimmen, enthielt sich Deutschland bei der Abstimmung. Staaten wie Großbritannien oder Frankreich schufen bereits verbindliche Gesetze zur Sorgfaltspflicht von Unternehmen. Deutschland bleibt mit seinem Nationalen Aktionsplan (NAP) dagegen hinter den Erwartungen zurück. Daher fordert Fairtrade dringend auch für Deutschland verbindliche Gesetze, die Fehlerverhalten der Unternehmen bestrafen und den fairen Handel fördern.
Quelle: TransFair