Mit fast 1,5 Milliarden Euro Umsatz und einem Plus von 13 %
setzt der Faire Handel in Deutschland seinen Wachstumskurs fort. Eine aktuelle
Verbraucherbefragung zum Fairen Handel bestätigt: Immer mehr Menschen kaufen
fair ein. Das Forum Fairer Handel begrüßt die wachsende Bedeutung bewussten
Konsums in Deutschland. Andrea Fütterer, Vorstandsvorsitzende des Forum Fairer
Handel, appelliert: "Es gilt weiterhin, noch stärker gegen die Ursachen
des ungerechten Welthandels zu wirken. So benötigen Kaffeebäuer*innen
angesichts von sinkenden realen Einkommen und den Folgen des Klimawandels mehr
Unterstützung – durch fairen Konsum, aber auch durch gesetzliche
Regelungen." Diese Forderung unterstrich das Forum Fairer Handel heute auf
seiner Jahrespressekonferenz. Insgesamt
gaben die Verbraucher*innen in Deutschland 2017 1,473 Milliarden Euro für
Produkte aus Fairem Handel aus. Das entspricht einem Wachstum von 13 %
gegenüber dem Vorjahr. Mit 80 % machten Lebensmittel den größten Anteil daran
aus. Innerhalb der letzten zehn Jahre hat sich der Umsatz im Fairen Handel
verfünffacht. Gut 18 Euro pro Kopf gaben deutsche Verbraucher*innen in 2017 durchschnittlich
für fair gehandelte Nahrungsmittel, Textilien und Handwerksprodukte aus. Mit
1,18 Milliarden Euro trug das Fairtrade-Produktsiegel den größten Anteil zum
Gesamtumsatz bei. Die anerkannten Fair-Handels-Importeure vertrieben im
vergangenen Jahr fair gehandelte Waren im Wert von 193 Millionen Euro. In den
Weltläden und Weltgruppen wurden faire Waren im Wert von 77 Millionen Euro
verkauft. Fair gehandelte Produkte aus Europa, wie Naturland Fair zertifizierte
Milch und Brot, erreichten einen Umsatz von 101 Millionen Euro.
Kaffee im Fokus
Spitzenreiter unter den Produkten im Fairen Handel ist
weiterhin Kaffee mit einem Anteil von 34,3 % am Gesamtumsatz des Fairen
Handels. Gemessen am Gesamtabsatz von Röstkaffee in Deutschland liegt der
Marktanteil von fair gehandeltem Kaffee jedoch nur bei 4,8 %.
Kaffeeproduzent*innen, zumeist Kleinbäuer*innen, sind besonders stark von den
Folgen des Klimawandels betroffen. Unberechenbare Niederschläge erschweren die
Anbaubedingungen und bringen Ertragsverluste. Trotz sinkender realer Einkommen
müssen sie dringende Investitionen in die Zukunft schultern, um für sich und
ihre Familien eine Perspektive im Kaffeeanbau zu behalten. Im Fairen Handel
erhalten die Produzent*innen Unterstützung im Kampf gegen den Klimawandel und
profitieren von zuverlässigen und fairen Handelspartnerschaften. "Für die meisten von uns gehört die
Tasse Kaffee am Morgen zum Alltag. Wenn das so bleiben soll, muss dringend in
einen nachhaltigen Anbau investiert werden und mehr Geld bei den Erzeuger*innen
ankommen", konstatiert Andrea Fütterer. "Kaffeeliebhaber*innen
sollten sich bewusst machen, dass dies auch eine Frage der Gerechtigkeit ist.
Sie können dazu beitragen, indem sie im Regal nach fairem und ökologisch
erzeugtem Kaffee greifen", so der Appell von Andrea Fütterer an die
Konsument*innen. Eine Möglichkeit zur Förderung fairen Kaffeekonsums sind
steuerliche Anreize, wie sie Bundesentwicklungsminister Gerd Müller im April
2018 forderte. Das Forum Fairer Handel begrüßt den Vorstoß des Ministers.
"Wir fordern jedoch, dass nur diejenigen Unternehmen steuerlich entlastet
werden, die sich zur Einhaltung hoher sozialer Standards, beispielsweise der
Zahlung definierter fairer Preise, Vorfinanzierung und einer externen
Überprüfung verpflichten", fasst Andrea Fütterer die Erwartungen des Forum
Fairer Handel zusammen. Die Regelung sollte zudem so gestaltet werden, dass vor
allem die Kleinbäuer*innen und deren Familien durch höhere Einnahmen davon
profitieren. Doch damit möglichst viele Kaffeebäuer*innen bessere Bedingungen
erhalten, braucht es übergreifende gesetzliche Regelungen.
Menschen- und Arbeitsrechte weltweit
verbindlich schützen
"Die Bundesregierung muss ihrer völkerrechtlichen
Verpflichtung nachkommen und dafür sorgen, dass deutsche Unternehmen
Menschenrechte entlang ihrer Lieferketten durchsetzen. Dafür ist eine
gründliche und nachvollziehbare Überprüfung des Nationalen Aktionsplans
'Wirtschaft und Menschenrechte' zwingend notwendig", erklärt Andrea
Fütterer. Der im Dezember 2016 verabschiedete Aktionsplan sieht unter anderem
vor, dass bis 2020 mindestens 50 Prozent aller in Deutschland ansässigen
Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten menschenrechtliche
Sorgfaltspflichten in ihre Unternehmensprozesse integriert haben. Ist dies
nicht der Fall, wird die Bundesregierung laut Koalitionsvertrag national
gesetzlich tätig werden. "Um sicherzustellen, dass alle deutschen
Unternehmen ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht wirksam nachkommen,
sollte die Bundesregierung anstelle des Nationalen Aktionsplans eine
gesetzliche Regelung erlassen. Deutschland hinkt hier anderen Ländern wie etwa
Frankreich hinterher", beklagt Fütterer. Eine breite Unterstützung der
Öffentlichkeit in Deutschland wäre der Bundesregierung sicher: Laut
repräsentativer Umfrage zum Fairen Handel stimmen 85 % der Befragten der Forderung
nach einer gesetzlichen menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht für Unternehmen
zu. Ingesamt genießen die politischen Forderungen des Forum Fairer Handel laut
aktueller Verbraucherbefragung in der Bevölkerung ein ausgesprochen hohes Maß
an Zustimmung. Am wichtigsten ist den Menschen die Forderung nach mehr
Klimagerechtigkeit. Der Aussage "Die Hauptverursacher des Klimawandels
müssen für mehr Klimagerechtigkeit die sogenannten Enwicklungsländer bei der
Anpassung an die Folgen des Klimawandels unterstützen", stimmten insgesamt
87 % der Befragten zu. Etwa genauso viele (86 %) begrüßen eine Begrenzung der
Machtmacht der großen Einzelhandelsunternehmen. Es folgen die Forderung nach einer
gesetzlichen menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht (Zustimmung von 85 %), einer
fairen öffentlichen Beschaffung (84 %) sowie einer steuerlichen Begünstigung
fairer Produkte (81 %).
Quelle: Forum Fairer Handel