Samstag, 30. Juni 2018

Palmöl-Bericht: Artensterben verschärft sich


Die Produktion von Palmöl trägt wesentlich zum Artensterben bei. Zu diesem Ergebnis kommt die Weltnaturschutz-Union in einem neuen Bericht. Trotzdem sei Palmöl das geringere Übel, denn andere ähnliche Ölpflanzen bräuchten viel mehr Anbaufläche. Entscheidend sei, die rasante Ausdehnung von Plantagen zu drosseln.

Eine überaus ernüchternde Bilanz zieht die Weltnaturschutz-Union in ihrem Bericht: Die Palmöl-Produktion trage wesentlich zum Artensterben bei. Aber Palmöl komplett zu verbannen sei eben auch kein Weg, das Artensterben zu beenden. Denn – ein Aus für Ölpalmen würde nur zu einer Verlagerung des Problems führen. Tatsache ist: Weltweit steigt der Bedarf nach pflanzlichem Öl. Raps, Sonnenblumen oder ähnliche Ölpflanzen aber brauchen bis zu neun Mal so viel Platz und Boden zur Produktion derselben Mengen wie Ölpalmen. Palmöl stelle deshalb letztendlich das wohl geringere Übel dar, macht der Bericht deutlich. Obgleich sich der Betrieb von Ölpalmen-Plantagen negativ auswirkt auf 193 Arten, die auf der roten Liste der Weltnaturschutz-Union stehen, vom Aussterben bedroht sind. An vorderster Stelle Orang-Utans, Gibbon-Affen, Tiger – Bewohner tropischer Wälder. Wenn die nicht weiterhin abgeholzt würden für neue Plantagen, resümiert der Bericht, dann ließe sich die Umweltbilanz deutlich verbessern. Also: Wenn die Plantagen anders, um nicht zu sagen: überhaupt geplant würden. Das käme auch den Orang-Utans zugute, sagt Marc Ancrenaz. Der Wissenschaftler leitet seit über 20 Jahren ein Rettungsprogramm für die Menschenaffen im malaysischen Borneo. Malaysia und Indonesien halten 85 Prozent der globalen Palmöl-Produktion. Marc Ancrenaz: "Bei unserer Forschung haben wir festgestellt, dass Orang-Utans dank ihrer Intelligenz fähig sind, sich sogar einer drastischen Veränderung ihrer Umwelt anzupassen. Das soll nicht heißen, dass sie nun inmitten einer Ölpalmen-Plantage überleben könnten. Es soll aber heißen: Wenn wir bei neuen Plantagen mosaikartige Waldparzellen stehenlassen, biologische Korridore anlegen, hätten Menschenaffen sehr wohl eine Chance, zu überleben."

Keine einfachen Lösungen

Massiv für Ölpalmen-Plantagen abgeholzt wird vor allem in Malaysia und Indonesien. Weltweit allerdings gehen nur 0,4 Prozent der Rodungen auf die Palmöl-Produktion zurück, stellt der Bericht der Weltnaturschutz-Union klar. Und: Selbst wenn die 128-Seiten-Analyse kritisiert, dass als nachhaltig zertifiziertes Palmöl noch längst nicht wirklich nachhaltig ist, so kehrt sie auch hervor, was das Label positiv angestoßen hat. Erik Meijaard, einer der Hauptautoren, nennt ein Schlüsselwort. "Zusammenarbeit. Es ist bewusst, dass alle Hand in Hand agieren müssen, Konsumenten, Märkte, Produzenten und Regierungen. Und da geht es nicht nur um die Palmöl-Produktion. Da werden auch Maßstäbe gesetzt für die Hersteller anderer Pflanzenöle, wie beim Soja-Anbau in Argentinien und Brasilien." Der privaten Organisation RSPO, Roundtable for sustainable Palm Oil, 2003 gegründet, gehören inzwischen 3.500 Mitglieder an: Plantagenbesitzer, Händler, Vertreter der Industrien, die Palmöl nutzen. Und immer mehr Regierungen. RSPO und die Weltnaturschutz-Union sagen beide: Die Palmöl-Produktion ist ein überaus komplexes Thema. Einfache Lösungen für mehr Umweltverträglichkeit gibt es keine. Dafür aber Ansätze, um die rasante Ausdehnung von Plantagen zu drosseln. Indem beispielsweise Palmöl nicht mehr im Biosprit genutzt wird. Das hat gerade die Europäische Union beschlossen: Ab 2030 darf kein Palmöl mehr in den Tank. Bis kommenden November will auch der RSPO striktere Standards für mehr Nachhaltigkeit vorlegen, sagt dessen Präsident Datuk Darrel Webber. "Der Kunde ist Teil der Lösung. Wenn der Kunde aber nicht mit seinem Kauf die Produktion nachhaltigen Palmöls ermutigt, dann verlieren wir eine Gelegenheit, den Sektor positiv zu verändern."
Quelle: Deutschlandfunk/Suzanne Krause, Foto: Frank Herrmann

Donnerstag, 21. Juni 2018

Supermärkte im Check: Menschenrechte zu teuer!


Überall dort, wo Menschen Lebensmittel für Supermärkte in Deutschland und anderen Ländern produzieren, sind Leid und Ausbeutung an der Tagesordnung. Das zeigt der neue Oxfam-Bericht „Die Zeit ist reif“. Der Bericht enthält neben vielen Fallbeispielen einen Supermarkt-Check, in dem die deutschen Supermarktketten miserabel abschneiden.

Weltweit nimmt die Ungleichheit in der Wirtschaft drastische Ausmaße an – auch im Landwirtschafts- und Nahrungsmittelsektor: Supermarktketten dominieren die Märkte. Sie diktieren Lieferanten die Preise und streichen riesige Gewinne ein. Oftmals reichen die Löhne und Einkommen der Arbeiter/innen, Kleinbäuerinnen und Kleinbauern nicht einmal aus, um ihr Existenzminimum zu decken – also das, was sie für Essen, ein Dach über dem Kopf, Arztbesuche und nötige Rücklagen brauchen. Hinzu kommen Gewalt, Diskriminierung, Pestizideinsatz und Zwangsarbeit. Oxfams neuer Bericht „Die Zeit ist reif“ hat zahlreiche Beispiele für Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen in den Lieferketten der Supermärkte aufgedeckt. Der Bericht zeigt jedoch auch, dass Ungleichheit und Ausbeutung im Lebensmittelsektor gestoppt werden können. Vor allem Supermärkte müssen handeln. Sie sollten ihre starke Marktposition dazu nutzen, um den Missständen ein Ende zu setzen. Stattdessen wälzen Supermärkte Kosten auf ihre Lieferanten ab und drücken die Preise. So machen sie eine sozial gerechte und nachhaltige Lebensmittelproduktion nahezu unmöglich.

Deutsche Supermärkte schneiden miserabel ab

Im Oxfam Supermarkt-Check haben wir einige der größten und am schnellsten wachsenden Supermarktketten in Deutschland, den Niederlanden, Großbritannien und den USA miteinander verglichen. Unsere Bewertungskriterien:
  • Transparenz und Rechenschaftspflicht
  • Schutz der Rechte von Arbeiter/innen
  • Umgang mit Kleinbäuerinnen und Kleinbauern
  • Schutz vor Gewalt gegen und Ausbeutung von Frauen
Die Untersuchung zeichnet ein klares Bild: Die „big four“ der deutschen Ketten (Aldi, Edeka, Lidl und Rewe) schneiden im Vergleich zu anderen Supermärkten mit am schlechtesten ab. Während Supermärkte aus Großbritannien und den USA teilweise zweistellige Prozentzahlen erreichten, wurden die deutschen Supermärkte in jeder Kategorie mit null bis acht Prozent der Gesamtpunktzahl bewertet. Bei speziellen Schutzmaßnahmen für Frauen konnte keine der deutschen Ketten Punkte erzielen, beim Schutz von Arbeiter/innen lag die höchste Bewertung bei zwei Prozent. Die aufgedeckten Missstände und das schockierende Ergebnis des Supermarkt-Checks zeigen, dass Supermärkte ihre Geschäftspolitik grundlegend ändern müssen. Denn eins steht fest: Wirtschaftliche Ausbeutung, Armut und menschliches Leid dürfen keine Zutaten unserer Lebensmittel in Supermarktregalen sein. Die Menschen, die das Essen produzieren, das in unseren Einkaufstüten landet, müssen fair bezahlt, ihre Gesundheit geschützt und ihre Rechte geachtet werden.
Quelle: Oxfam

Dienstag, 12. Juni 2018

Fleisch- und Milchkonsum: Größter negativer Einfluss auf den Planeten


Eine neue Studie zeigt: Würden wir keine Tierprodukte mehr essen, bräuchten wir gerade mal ein Viertel aller landwirtschaftlich genutzten Flächen – und die Menschheit würde immer noch satt werden.

Eine umfassende neue Studie der englischen Oxford Universität zeigt, welchen Schaden die Landwirtschaft unserem Planeten zufügt – und kommt zu einem eindrucksvollen Ergebnis: Ohne Fleisch- und Milchprodukte könnten die Agrarflächen weltweit um bis zu 75 Prozent reduziert werden: eine Fläche so groß wie die USA, China die EU und Australien zusammen. Der Studie zufolge habe der Verzicht auf Fleisch und Milch den größten Einfluss auf unseren ökologischen Fußabdruck. Fleisch- und Milchprodukte lieferten nur 18 Prozent aller Kalorien und 37 Prozent der Proteine – benötigten für die Produktion aber den meisten Platz, nämlich 83 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen. Ihre Produktion macht außerdem mehr als die Hälfte (60 Prozent) der Treibhausgas-Emissionen in der Landwirtschaft aus. Sogar die Tierprodukte, die am wenigsten Einfluss auf die Umwelt hätten, verursachten der Studie zufolge immer noch mehr Umweltzerstörung, als die unnachhaltigsten Gemüse- und Getreidearten. Die Ergebnisse basieren auf einem äußerst umfangreichen Datensatz: Untersucht wurden 40.000 Agrarbetriebe in 119 Ländern. Zudem analysierten sie alle möglichen Arten von Lebensmitteln, die 90 Prozent unserer Nahrungsmittel ausmachen. Dabei bewertet die Studie den kompletten Umwelteinfluss dieser Lebensmittel vom Erzeuger bis zum Verbraucher: von der Landnutzung über die produzierten Klimagase, die Frischwassernutzung, die verursachte Wasser- und Luftverschmutzung.Veröffentlicht wurde die Untersuchung in der Fachzeitschrift Science, sie gilt als eine der wichtigsten Wissenschaftszeitschriften weltweit.

Nicht nur die Treibhausgase zerstören die Umwelt

„Eine vegane Ernährung ist wahrscheinlich die effektivste Weise unseren ökologischen Fußabdruck zu verringern. Denn es geht nicht nur um die verursachten Treibhausgase, sondern auch um die weltweite Übersäuerung der Böden, die Überdüngung der Gewässer und die Land- und Wassernutzung“, sagt Joseph Poore gegenüber der britischen Tageszeitung The Guardian. Er ist der Leiter der Studie an der Oxford Universität in Großbritannien. Sich vegan zu ernähren hätte „einen weitaus größeren Einfluss, als wenn man sich ein Elektroauto kauft oder weniger fliegt. Diese Faktoren reduzieren lediglich Treibhausgase, berücksichtigen andere Umwelteinflüsse aber nicht.“ Und weiter: „Die Landwirtschaft ist der Sektor, der eine Vielzahl an Umweltproblemen vereint.“ In Wahrheit sei die Produktion von Fleisch und Milchprodukten verantwortlich für viele dieser Probleme. „Auf Tierprodukte zu verzichten bringt deshalb weit mehr, als der Versuch nur nachhaltig produzierte Fleisch- und Milchprodukte zu erwerben.“ Das zeigt der Vergleich der Produktion von Rindfleisch mit pflanzlichem Protein wie etwa Bohnen: Sogar das Rindfleisch mit dem niedrigsten Umwelteinfluss verursache laut Studie sechs Mal mehr Treibhausgas und bräuchte 36 Mal mehr Fläche als die gleiche Menge Bohnen. Dennoch geht aus der Studie hervor, dass die Art und Weise wie tierische Produkte produziert werden, ebenfalls eine Rolle spielt. So verursache die Haltung von Rindern auf abgeholzten Flächen zwölf Mal mehr Treibhausgase und benötige 50 Mal mehr Fläche als die Haltung auf natürlichem Weideland.

Wir müssen nicht alle gleich vegan werden

Die großen Schwankungen der unterschiedlichen Produktionsmethoden zeigt: Wir können unseren ökologischen Fußabdruck auch reduzieren, ohne dass die gesamte Weltbevölkerung vegan werden muss. Dazu müsste die Hälfte an Fleisch- und Milchprodukten, die den meisten Schaden anrichten, durch pflanzliche Produkte ersetzt werden, so Poore. Das würde immer noch zwei Drittel des Effekts ausmachen, den man hätte, wenn wir komplett auf tierische Produkte verzichten würden. Um das umzusetzen fordert Poore ein Siegel, an dem Verbraucher erkennen, welche Lebensmittel am wenigsten Schaden anrichten. Zudem seien Zuschüsse für die Produktion nachhaltiger und gesunder Lebensmittel nötig. Auch eine Steuer auf Fleisch und Milchprodukte sei empfehlenswert. Unter Experten erntet die Studie großes Lob. Durch den großen Datensatz seien die Schlussfolgerungen viel robuster. Dr. Peter Alexander, von der University of Edinburgh in Großbritannien meint gegenüber dem Guardian aber auch, man müsse wegen der Ergebnisse nicht über Nacht zum Veganer werden, sondern sie als Anlass nehmen unseren Fleisch- und Milchkonsum zu mäßigen.
Quelle: utopia.de, Bild (Vegan): meinefitness.com