Im
März erhielt Aldi den Fairtrade-Award (s. Blogbeitrag Fairtrade Awards 2018 –
Absolution für Aldi vom 26.3.18).
Ebenfalls im März hat die Klimaagentur myclimate den myclimate Award 2018 an
TUI Cruises vergeben. Die Verleihung des Preises an die zur TUI-Group
gehörenden Reederei als „Vorreiter der Kreuzfahrtbranche in Nachhaltigkeit und
Klimaschutz“ ist mindestens genauso grotesk wie der Preis für Aldi.
Kreuzfahrtschiffe sind und bleiben Dreckschleudern und emittieren große Mengen an giftiger Schadstoffe und
Pro-Kopf-CO2-Emissionen, die durchs Fliegen erzeugten Treibhausgasen nur in
wenig nachstehen – bei einem siebentägigen Törn kommen pro Person rund 1,5
Tonnen CO2 zusammen. Das entspricht in etwa den Emissionen einer
9.000-Kilometer- Autofahrt. Dabei wird die Verantwortung für die Umwelt und
Klima weiter an die Kunden delegiert. Denn die haben ja die Möglichkeit
ihre durch die Kreuzfahrt verursachten Schadstoffe freiwillig auszugleichen.
Dumm nur, dass das kaum ein Passagier macht. Das diesbezügliche Problembewusstsein
bei TUI Cruises tendiert gegen Null. Was ausschließlich zählt, sind
Gewinne. Je mehr, desto besser.
Das Gute im Schlechten
Wenn
TUI Cruises als Vorreiter präsentiert wird, kann man sich ausmalen, wo der Rest
der Branche steht. Das Problem ist nicht nur TUI Cruises, es ist das Urlaubsmodell
Kreuzfahrt an sich. Wenn TUI Cruises nun das Gute im Schlechten macht, helfen kosmetische
Maßnahmen kaum weiter. Fatalisten würden sagen: Besser als gar nichts! Doch
Maßnahmen, um auf den Schiffen und an Land so viele CO2-Emissionen wie möglich
zu reduzieren, die Kompensation eigener Dienstflüge und von Drucksachen reichen
bei Weitem nicht aus.
Trotz aller gut gemeinten Aktionen bleibt es
bei folgenden Fakten:
*Abgase:
Während die EU der Autoindustrie strenge Abgasnormen auferlegt, pusten
Kreuzfahrtschiffe große Mengen Schwefeloxide, Stickoxide, Ruß, Feinstaub und
Schwermetalle weitestgehend filterlos in die Umwelt. Kreuzfahrtschiffe
verbrennen auf hoher See weiterhin hochgiftiges Schweröl. Der hochgiftige
Abfallstoff der Petrochemie enthält 3.500mal mehr Schwefel als der umstrittene
PKW-Diesel.
*Luftverschmutzung
Hafenstädte: Kreuzfahrtschiffe liegen weiterhin rund 40% ihrer
Betriebszeit mit laufenden Motoren in Häfen und verbrennen dabei Schiffsdiesel,
der giftiger als LKW-Diesel ist. Die schlechte Luft atmen auch die Menschen an
Land.
*Ressourcen:
Kreuzfahrtschiffe produzieren pro Kopf mehr Müll und verbrauchen mehr Strom und
Wasser als der Durchschnitt der Bevölkerung.
*CO2:
Nicht nur während der Kreuzfahrt entsteht Kohlendioxid. CO2 entsteht bereits beim
Bau der Schiffe, denn große Mengen an Ressourcen müssen aus der Erde geholt,
weiterverarbeitet und zur Werft transportiert werden. Zusätzliches CO2 entsteht
durch die An- und Abreise der Passagiere zum Hafen, denn die wird bei weiter
entfernten Zielen fast immer mit dem Flugzeug zurückgelegt. CO2 entsteht zudem durch die Versorgung des
Schiffs mit Nahrungsmitteln, die bei Zielen in der Karibik von Deutschland dorthin
geflogen werden.
*Kosten:
Für die Klimaschäden durch die von ihr erzeugten Treibhausgasemissionen
braucht die Schifffahrt bislang nicht aufzukommen. Der Staat belohnt sie sogar
jährlich mit milliardenschweren Subventionen. Und dank unermüdlicher Lobbyarbeit
blieben die Emissionen der Branche im Klimavertrag von Paris unberücksichtigt.
*CO2-Kompensation:
Einen Klimarechner, mit dem Passagiere bereits im Vorfeld ihrer Reise ihre
voraussichtlichen CO2-Emissionen berechnen könnten, sucht man auf der Webseite
www.tuicruises.com vergeblich. Mit vielen Klicks gelangt man unter der Rubrik
Nachhaltigkeit zu folgender Aussage: „Auch Sie können aktiven Klimaschutz
betreiben, wenn Sie Ihre Flüge oder Kreuzfahrten kompensieren. Anbieter wie
myclimate helfen Ihnen dabei, die entstehende CO2-Emissionen zu berechnen und
die Geldspende in Klimaschutzprojekte zu investieren.“ Einen Link zu myclimate
bietet TUI Cruises nicht an.
*Arbeitsbedingungen:
Die Arbeitsbedingungen auf Kreuzfahrtschiffen sind weiterhin prekär: Hohe Arbeitsbelastung
bei niedrigen Löhnen. Das deutsche Arbeitsrecht ist ausgehebelt, da alle
deutschen Kreuzfahrtschiffe unter ausländischer Flagge fahren. Gewerkschaften
sind auf Kreuzfahrtschiffen unbekannt und nicht erwünscht.
*“Overtourism“: Kreuzfahrttouristen
überschwemmen in den Sommermonaten viele europäische Großstädte, darunter
Barcelona, Venedig, Tallin, Dubrovnik oder die Inseln La Palma (Kanaren) oder
Santorin (Griechenland). Die Überlastung nimmt zu und die Beschwerden der
einheimischen Bevölkerung auch. Der lokale Tourismus profitiert von den
„Kreuzfahrern“ kaum. Gute Geschäfte machen hier meist nur große Agenturen, die
Landausflüge veranstalten.
Quelle: Frank Herrmann, Bild: NABU