Sonntag, 7. Januar 2018

Globale Textilindustrie: um den Lohn betrogen



Nicht gezahlte Löhne sind ein anhaltendes Problem in der globalen Textil- und Bekleidungsindustrie

Immer wieder muss die Kampagne für Saubere Kleidung gemeinsam mit der europäischen und weltweiten tätigen Clean Clothes Campaign Petitionen und Eilaktionen zu ausstehenden Lohnzahlungen starten. Hier einige Beispiele:




-    140 ArbeiterInnen der türkischen Bravo Tekstil, die u.a. für Zara, Next und Mango produzierte, erhielten weder ihre letzten drei Monatslöhne, bevor die Fabrik im Jahr 2016 geschlossen wurde, noch die ihnen zustehenden Abfindungen. Die ausstehende Summe, die die ArbeiterInnen einfordern, beträgt rund 650.000 Euro.

-     Am 1. Juli 2016 standen die 208 ArbeiterInnen der kambodschanischen Firma ChungFai Knitwear FTY vor verschlossenen Türen. Die Firma produzierte u.a. für die britischen Handelsunternehmen Marks and Spencer und Bonmarché (Sweater und Socken). Ohne vorherige Ankündigung und ohne Angabe von Gründen wurde die Fabrik geschlossen. Die ArbeiterInnen erhielten weder ihren Lohn für den letzten Arbeitsmonat noch die ihnen gesetzlich zustehenden Abfindungen. Die ausstehende Summe beträgt rund 550.000 US-Dollar.

-    Im April 2015 schloss die indonesische Firma Jaba Garmindo, deren wichtigster Kunde die japanische Firma UNIQLO war, nachdem UNIQLO Jaba Garmindo aus seiner Zulieferliste gestrichen hatte. Die Firma Jaba Garmindo, die auch die deutschen Bekleidungsunternehmen Gerry Weber und s.Oliver belieferte, ging insolvent, rund 4.000 Beschäftigte wurden arbeitslos, erhielten ihre letzten vier Monatslöhne nicht und auch keine Abfindungen. Die Forderungen der ArbeiterInnen belaufen sich auf rund 11. Mio. US-Dollar.

Muster 1: Fabrikschließungen

Produktionsbetriebe gehen im harten Wettbewerb unter oder werden verlagert. Die Auftraggeber, die von günstigen Produktionspreisen profitiert haben, fühlen sich – außer verbaler Verweise auf ihre Verhaltenskodizes – nicht verantwortlich für entlassene ArbeiterInnen ihrer Zulieferer. Sie zahlen in seltenen Fällen (allerdings nicht in den hier geschilderten) freiwillig geringe Entschädigungen, fühlen sich aber nicht rechtlich dazu verpflichtet. Das muss sich ändern. Wer seine Betriebskosten senkt, indem er Arbeitgeberverantwortlichkeit soweit wie möglich auslagert, muss im Rahmen unternehmerischer Sorgfaltspflichten entsprechend seines Anteils an der jeweiligen Produktion in den betroffenen Betrieben für Lohndiebstahl haftbar gemacht werden können!

Muster 2: Behinderung gewerkschaftlicher Aktivitäten

Ohne Gewerkschaften haben Beschäftigte keine Chance auf bessere Arbeitsbedingungen und bessere Löhne. Fabrikschließungen bzw. –verlagerungen und Entlassungen sind nicht nur durch den Verdrängungswettbewerb zu erklären, sondern auch Reaktionen auf den Kampf von Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen. Wenn Auftraggeber wie Adidas, Gerry Weber und s.Oliver in ihrer Lieferkette Geschäftspartner akzeptieren, die eindeutig gegen die Grundrechte auf Vereinigungsfreiheit und Kollektivverhandlungen verstoßen, dann steht nicht nur ihre individuelle soziale Reputation auf dem Spiel, sondern auch die Glaubwürdigkeit des Textilbündnisses, dessen Mitglied die drei Unternehmen sind. Im Interesse dieser Glaubwürdigkeit müssen die AkteurInnen im Textilbündnis daran arbeiten, Vereinigungsfreiheit und Kollektivverhandlungen in den Zulieferern aller beschaffenden Bündnismitglieder durchzusetzen, um Fälle von Lohndiebstahl in Zukunft zu verhindern.
Quelle: Südwind Blog / Sabine Ferenschild