Mittwoch, 25. November 2015

Greenpeace-Umfrage: Wegwerfware Kleidung


Selbst wenn sich die Kleiderstange biegt und die T-Shirts aus der Kommode quellen, der Spruch „Ich hab nix anzuziehen!“ geht vielen trotzdem leicht über die Lippen. Eine neue Greenpeace-Umfrage belegt das widersprüchliche Verhältnis der Deutschen zur Mode. 5,2 Milliarden Kleidungsstücke liegen in den deutschen Schränken, 40 Prozent davon werden selten oder nie getragen. Denn mal eben schnell ein Oberteil kaufen oder eine Hose mitnehmen gehört zum Lebensstil vieler Konsumenten: Preiswerte Modehausketten wie Zara, Primark und H&M machen brandneue Komplettoutfits erschwinglich, auch wenn die Partyklamotte danach für immer in der Schublade landet – oder in der Altkleidersammlung. Die Deutschen sortieren schnell wieder aus, bei Schuhen wird dies besonders deutlich: Jeder Achte trägt seine Schuhe weniger als ein Jahr, kaum einer repariert Kleidung noch. Das ist eines der besorgniserregenden Ergebnisse der repräsentativen Umfrage des Instituts Nuggets. Im Auftrag von Greenpeace befragten die Marktforscher 1011 Personen zwischen 18 und 69 Jahren zu ihrem Umgang mit Mode. Zeitlos und strapazierfähig soll Kleidung sein? Von wegen: „Mode ist zum Wegwerfartikel verkommen und genauso kurzlebig wie Plastiktüten oder Einweg-Geschirr“, sagt Kirsten Brodde, Textil-Expertin von Greenpeace. Frauen besitzen durchschnittlich 118 Kleidungsstücke, Männer 73 Teile, ohne Strümpfe und Unterwäsche. Immerhin ein Drittel der Deutschen hat aber mindestens doppelt so viele Teile im Schrank.

Die Hälfte der Deutschen war noch nie beim Schneider

Knapp zwei Drittel sortiert Kleidung aus, wenn sie nicht mehr gefällt; ein Drittel will einfach Platz schaffen im Schrank. Und obwohl alles im Überfluss vorhanden ist, wird bei gerissenen Nähten und kaputten Absätzen nicht einfach repariert, sondern neu gekauft: Ist ja so günstig. Die Hälfte der Deutschen hat noch nie Kleidung zum Schneider gebracht, über die Hälfte der 18- bis 29-Jährigen war noch nie beim Schuster. Alternativen sind für die große Mehrheit noch immer sehr exotisch: 83 Prozent der Deutschen haben noch nie Kleidung getauscht, zwei Drittel noch nie welche verliehen, über die Hälfte noch nie Kleidung weiter verkauft. Am ehesten geben die Deutschen Kleidung im Bekanntenkreis weiter. „Um den Kleiderkonsum zu drosseln, müssen die einfachen Alternativen Tauschen und Teilen zur täglichen Routine werden wie Zähneputzen“, sagt Brodde. „Angebote dafür gibt es genug – sei es die Tauschbörse im Internet, der Flohmarkt oder die Kleidertauschparty um die Ecke.“ Die Wegwerfmentalität geht zu Lasten der Umwelt und Gesundheit, „denn die Kleidung wird mit Hunderten giftiger Chemikalien produziert“, so Brodde. Auch da gibt es einen Widerspruch. Denn eigentlich wünschen sich die Verbraucher mehr Nachhaltigkeit auf Seiten der Textilfirmen: Knapp die Hälfte hätte gern Garantien auf Kleidung oder recyclingfähige Kleidung. Greenpeace kämpft seit Jahren für eine saubere Textilindustrie. Bereits 32 Firmen von H&M über Adidas bis Lidl haben sich auf eine giftfreie Kleidungsproduktion verpflichtet. Auch beim Verbraucher muss ein Umdenken stattfinden: Gebraucht statt neu kaufen, reparieren statt wegwerfen, zertifizierte Produkte statt billiger Massenware. Doch der ist nicht alleine gefragt: Modeketten können diesen Wandel aktiv beschleunigen, zum Beispiel indem sie für Qualität statt Quantität stehen und Reparatur-Services oder Upcycling-Kollektionen anbieten – für ein neues, anderes Mode-Bewusstsein.
Quelle: Greenpeace / Weiland

 

Mittwoch, 18. November 2015

Sea World beendet umstrittene Show mit Orca-Walen



Es war die Geschichte des Orca-Wals Tilikum, der im Jahr 2013 einen Sturm der Entrüstung über Sea World hereinbrechen ließ, von dem sich der Freizeitpark bis heute nicht ganz erholte. Damals hatte die Dokumentarfilmerin Gabriela Cowperthwaite in ihrem Film „Blackfish“ das traurige Schicksal der Orcas gezeigt, die ihr Leben in Gefangenschaft verbringen und in aufwendigen Shows einem Millionenpublikum vorgeführt werden. Der Wal mit dem Namen Tilikum hatte in Gefangenschaft mehrere Menschen getötet, was ein Schlaglicht auf die Konsequenzen der Haltungsbedingungen warf. Die Besucherzahlen gingen spürbar zurück, der Park kämpft bis heute mit dem Imageschaden. Betreiber Joel Manby versucht nun offenbar gegenzusteuern. Wie er gestern mitteilte, soll die besonders umstrittene One Ocean Show in den Sea World Parks nur noch bis Ende 2016 zu sehen sein. Danach wolle man eine andere Vorführung zeigen, die „mehr auf das natürliche Verhalten der Tiere abgestimmt“ sei. Darüber hinaus sollten die Besucher mehr über den Schutz der Tiere lernen. Genaueres teilte Manby allerdings nicht mit.

Einsamkeit, Entbehrung und Elend

Sea World hat seinen Sitz in Florida und unterhält Themenparks in San Diego, Orlando und San Antonio. Insgesamt befinden sich 24 Orca-Wale in Gefangenschaft von Sea World. Erst im Oktober hatte Sea World in einer Auseinandersetzung mit den Behörden in San Diego eine Schlappe hinnehmen müssen. Der Betreiber hatte angemeldet das Becken, in dem die Tiere gehalten werden, vergrößern zu wollen –  eine Idee, der die zuständige Coastal Commission zustimmte. Allerdings nur mit der Auflage, dass dem Park das Kaufen, Züchten oder Importieren von Walen in Gefangenschaft künftig untersagt ist. Die Tierschutzorganisation Peta kritisiert die Einrichtungen seit langem. Die stolzen Wale seien zu einem „Nichtleben“ in Einsamkeit, Entbehrung und Elend gezwungen. Sea World solle die Becken in den Parks leeren und die Tiere in Refugien an der Küste unterbringen, damit sie ihre verbleibende Lebenszeit zumindest in annähernd natürlicher Umgebung verbringen könnten, so die Organisation.

Quelle: Greenpeace/KS

Mittwoch, 11. November 2015

Buchtipp: Schutz vor Gewalt - das vergessene Menschenrecht



Schätzungen zufolge leben weltweit etwa vier Milliarden Menschen, die von den Rechtssystemen ihrer Länder nicht vor Gewalt wie Sklaverei, Menschenhandel, Landraub, sexueller Ausbeutung oder Korruption geschützt werden. Sie gehören zu den Ärmsten der Armen und nur deswegen widerfährt ihnen tagtägliche und willkürliche Gewalt. Der Menschenrechtsanwalt Gary Haugen und frühere Chefermittler für die Aufklärung des Völkermordes in Ruanda hat seine Erfahrungen als UN-Chefermittler und als Menschenrechtler in dem Buch "Gewalt - die Fessel der Armen" aufgeschrieben.

Gewalt gegen Menschen ohne Lobby

„Wenn Sie Menschen aus sehr armen Gebieten fragen, wovor sie sich am meisten fürchten, werden sie Ihnen antworten: Vor Gewalt“ erläutert Haugen während einer Pressekonferenz zum Erscheinen des Buches. „Gut dachte ich, dann müssen wir die Gesetze ändern und Gewaltverbrechen illegal machen. Doch dann stellte ich fest, sie sind illegal. Es gibt Gesetze, doch sie setzen sich für die Armen nicht durch“. Basierend auf zahlreichen Einzelschicksalen gibt Gary Haugen im Buch erschütternde Einblicke in den grausamen Alltag von Menschen ohne Lobby. Er fordert zu einer neuen Diskussion zur Armutsbekämpfung auf, an der sich weltweit Regierungen und Menschrechtsorganisationen einbringen müssten. Seinem eindringlichen Appell in den USA mit der englischen Ausgabe The Locus Effect – Why the End of Poverty Requires the End of Violence stellt er damit eine deutschsprachige Ausgabe zur Seite. Mit Blick auf die vor allem in Europa tagtägliche Flüchtlingsproblematik möchte er zusammen mit seinen deutschsprachigen Ko-Herausgebern Dietmar Roller und Rabea Renschler hierzulande ein Bewusstsein schaffen für Verbrechen, die tagtäglich und fern unserer zivilisierten Welt geschehen. Nur der Anfang einer konstruktiven Diskussion kann zum Stopp der Gewalt gegen diese Menschen und zu einem Leben in Ordnung, Sicherheit und vor allem in Freiheit führen.

Über die Autoren

Gary A. Haugen ist Gründer und Präsident von International Justice Mission – einer internationalen Menschenrechtsorganisation, die Arme vor Gewalt, Sklaverei und Menschenhandel schützt. IJM arbeitet mit lokalen Behörden zusammen, um Opfer von Gewalt zu befreien, Täter vor Gericht zu bringen, Betroffene zu stärken und Rechtssysteme zu verbessern. IJM ist die größte Organisation, die sich diese Aufgabe zum Ziel ihrer Arbeit gemacht hat.
Victor Boutros  ist Bundesstaatsanwalt in den Vereinigten Staaten von Amerika. Er leitet eine Strafverfolgungseinheit, die große Menschenhandelsnetzwerke identifiziert und verfolgt. Außerdem deckt sie schwerwiegende Vergehen von polizeilichem oder staatlichem Fehlverhalten auf wie beispielsweise Korruption oder Amtsmissbrauch.
Quelle: UD/pm