Dienstag, 19. März 2013

Besuch der größten Bio-Ananasfarm der Erde




Zwei Busstunden nördlich von Costa Ricas Hauptstadt ´San José liegt bei La Virgen die Finca Corsicana, die der US-amerikanischen Bäckerei Collin Street Bakery südlich von Dallas gehört. Auf der nach eigenen Angaben weltweit größten Bio-Ananasfarm werden auf einer Fläche von 1200 Hektar täglich rund 54.000 Ananas geerntet. Ein Großteil davon ist bio, es werden aber auch konventionell erzeugte Ananas angebaut. Mehr als die Hälfte der Früchte wird über den Fairen Handel vermarktet. Die Finca Corsicana ist Fairtrade-zertifiziert.

Strenge Qualitätskontrolle


Doch nicht die gesamte Ernte geht in den Export. Von den 54.000 Ananas, die täglich geerntet werden, sind rund 15.000 nur zweite Wahl, zu groß, zu klein oder mit anderen Defekten behaftet. Diese Ananas wird auf den einheimischen Märkten verkauft, zu Saft oder Marmelade verarbeitet. Den Ausschuss zu verringern ist ein wichtiges Ziel auf allen Ananas-Farmen, denn die Gewinnmargen sind in vergangenen Jahren bedenklich geschrumpft. Aber die Vorgaben der Käufer sind streng. Nur perfekte Ware geht in den Export. So will es angeblich der Konsument!

Geerntet und verpackt von der Corsicana, geliefert von Dole


Die Klassifizierung der Ware findet in der Verpackungsanlage der Finca Corsicana statt. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Um die Ananas zu desinfizieren, wird sie in Chlorwasser gereinigt, angeblich völlig unschädlich. Danach wird die Unterseite mit einem Luftstrahler gesäubert, um kleine Insekten zu entfernen. Vor der Verpackung werden die entsprechenden Etiketten aufgeklebt und die Ananas in die Kartons der späteren Endabnehmer gepackt. Für den Export nach Europa oder in die USA ist der Multi Dole Food Company, der weltgrößte Anbieter von frischem Obst, frischem Gemüse und frischen Schnittblumen zuständig.

Arbeiter gewinnt Prozess


Obwohl der Geschäftsführer der Corsicana sein Unternehmen im Interview in den höchsten Tönen lobte (welcher Geschäftsführer tut das nicht), bleiben Zweifel am sozialen und ökologischen Engagement des Unternehmens. Denn wie auch auf vielen anderen Ananasfarmen werden Gewerkschaftsmitglieder nicht gerade zuvorkommend behandelt. In einem Fall gewann ein Arbeiter – Mitglied einer Gewerkschaft – einen Prozess gegen die Corsicana, weil er angeblich seinen Job ohne entsprechende Erlaubnis verlassen hatte. Daraufhin wurde ihm gekündigt. Doch er hatte nicht gegen die Vorschriften verstoßen und konnte dies auch nachweisen. Nach mehr als zwei Jahren und einem Berufungsverfahren musste die Corsicana ihn nun wieder einstellen und ihn für die verlorene Zeit während des Verfahrens entschädigen.

Bio geht anders


Auch was die Ökologie betrifft, verkauft die Finca Corsicana den rund 20.000 Touristen, die das Unternehmen jährlich besuchen, ein Bild, das nicht immer der Wirklichkeit entspricht. Zum einen wird der Boden auf Bioananasplantagen  mit Plastik bedeckt, als Schutz vor Erosion und Insekten. Nach der Ernte wird das Plastik entfernt und angeblich recycelt. Das mag durchaus stimmen, aber es bleiben Reste im Boden, da das Plastik mit der Wurzel verwächst und schwierig zu entfernen ist. Zum anderen war ich Zeuge wie Blutmehl, ein stickstoffreicher, schnell wirksamer, organischer Dünger aus Schlachtabfällen, aufgebracht wurde. Echt lecker. Es stinkt bestialisch, wenn das Zeug versprüht wird und die Geruchsbelästigung ist in den naheliegenden Dörfern nach Angaben der dort lebenden Arbeiter enorm. Zudem werden Unmengen von Mücken von dem Dünger angelockt.

Viel Kritik von Gewerkschaftsmitgliedern


Alles in allem habe ich die größte Bioananasplantage der Welt mit zwiespältigen Gefühlen verlassen. Diese wurden nicht gerade weniger, als ich zwei Tage später Gelegenheit hatte, mich mit Arbeitern der Corsicana zu unterhalten, die einer Gewerkschaft angehören. Ihre Erfahrungen decken sich so gar nicht mit den Schilderungen des Geschäftsführer der Corsicana. Die Klagen reichen von unzureichenden sanitären Anlagen auf den Feldern über zunehmende Stundenzahl, um auf den gleichen Lohn zu kommen bis hin zur Verwendung der Prämiengelder aus dem Fairen Handel, die den Arbeiter keinen oder nur geringen Nutzen bringen. Und das waren nur die harmloseren Beschwerden.